So richtig fleißig war Schauspieler Edward Norton in den letzten Jahre nicht. Seit 2006 hat er sich im Kino lediglich zweimal blicken lassen („Hulk„, „Pride & Glory„, beide 2008), im letzten Jahr hat er – von einem Gastauftritt in „The Invention of Lying“ abgesehen – nur einen einzigen Film abgedreht, der es hierzulande aber nicht ins Kino geschafft hat. Unter der Regie seines Schauspiel-Kumpels Tim Blake Nelson („O Brother Where Art Thou“) spielt er dafür in „Leaves of Grass“ immerhin gleich eine doppelte Hauptrolle.
Er verkörpert die Zwillinge Bill und Brady Kincaid, die sich zwar äußerlich gleichen wie ein Ei dem anderen, aber äußerst verschiedene Wege im Leben eingeschlagen haben. Bill hat seine provinzielle Heimat in Oklahoma hinter sich gelassen und lehrt als Professor für antike Philosophie an der Ostküste. Brady hat in Laufe der Jahre das gepflegte Kleinkriminellen-Dasein perfektioniert und erstaunliche Fähigkeiten im Anbau von Marihuana entwickelt. Ein geschäftliches Problem bewegt ihn dazu – unter Vorspiegelung falscher Tatsachen – seinen Bruder in die Heimat zu lotsen.
In erster Linie soll „Leaves of Grass“ wohl eine Komödie sein, und tatsächlich kann das Geschehen (auch Dank Nortons Doppelrolle) das Publikum zunächst bei Laune halten. Doch im Laufe der Spielzeit wird deutlich, dass der Film neben einem typischen Provinz-Krimi-Plot und ein paar halbgaren Drama-Anleihen (bezüglich Bills vermeintlicher Flucht aus seiner Heimat) nur Albernheiten zu bieten hat. Im Vergleich zum gelungenen Anfang fällt die Handlung zunehmend ab, auch wenn die witzigen Figuren und ihr (im Original) sympathischer Hillbilly-Dialekt gegen die aufkommende Langeweile erfolgreich anspielen.
Vielleicht erwartet man von einem Schauspieler von Nortons Kaliber einfach mehr als eine kleine, weitgehend überraschungsarme Independent-Komödie. Die Mischung jedenfalls geht nicht so ganz auf, der Blick auf die Provinz ist einen Tick zu wohlwollend, die Figuren zu nah an Stereotypen und der Kiffer-Humor erschlägt das ohnehin spärlich vorhandene dramatische Potential. „Leaves of Grass“ ist weder richtig ärgerlich noch langweilig, wirkt aber – genau wie einige der Figuren – irgendwie unbeholfen.
3/5