Da ich mir so gut wie nie Horrorfilme ansehe, kommt es auch nur selten vor, dass ein Film bei mir eine deutliche physische Reaktion hervorruft. „Splice“, an der Grenze von Horror, Drama und Thriller angesiedelt, hat das locker geschafft, deshalb hier gleich mal die Warnung: dieser Film ist nichts für zarte Gemüter, er mag bei so manchem Zuschauer leichten Ekel und generelles Unwohlsein auslösen. Das spricht nicht unbedingt gegen den Film, zeugt es doch von handwerklicher Klasse, doch man sollte sich dessen bewusst sein, bevor man sich auf die Story einlässt.
Die jungen Wissenschaftler Clive (Adrien Brody) und Elsa (Sarah Polley) sind frustriert, weil ihnen ihr Arbeitgeber (ein Pharmaunternehmen) untersagt, ihre Versuche auf das nächste Level zu heben. In einer Mischung aus Forschungseifer und persönlichem Ehrgeiz – gepaart mit einem guten Schuss Naiivität – machen sie sich eigenhändig ans Werk und kreuzen tierische mit menschlicher DNA zu einem neuen Lebewesen. Das Ergebnis ist menschenähnlich, kann nicht sprechen, ist aber mit ein paar „Extras“ ausgestattet. Vor allem Elsa ist völlig hin und weg von ihrem Forschungsergebnis und verliert bald ihre professionelle Distanz zum „Objekt“.
Während ihr auf den Namen Dren getauftes Ziehkind in beachtlichem Tempo wächst und wächst wird die Situation in Elsa und Clives heimlichen Neben-Labor immer schwieriger. Auf einer verlassenen Farm als letzter Zuflucht spitzen sich die Geschehnisse dann langsam zu, die Unmöglichkeit eines Zusammenlebens wird immer deutlicher. Die Effekte von „Splice“ sind überzeugend, nur so kann der Film überhaupt funktionieren. Drens Äußeres ist abstoßend und faszinierend zugleich, und der Film verstärkt die abseitige Handlung mit klassischen Mitteln wie dem pointierten Soundtrack, den generell düsteren Farben und später auch drastischen Bildern.
Ich habe mich während des Films – vor allem zu Beginn – häufiger gefragt, woher mein Unbehagen eigentlich kommt. Abgesehen von den genannten Stilmitteln ist es vor allem das Szenario selbst, und die Selbstverständlichkeit, mit der sich die Figuren darin bewegen. Das Design der künstlichen Lebewesen (neben Dren kommen noch zwei ohne menschliche Zutaten vor) zielt darauf ab, das man angeekelt ist, und doch nicht wegsehen kann. Die Schauspieler – das Ganze ist im Wesentlichen ein Kammerspiel mit Polley und Brody – füllen ihre Rollen äußerst realistisch aus, die Spezial-Effekte sind als solche beinahe unsichtbar.
„Splice“ ist also richtig creepy geworden, er zitiert Horrorkino a la „Frankenstein“, mischt es mit moderner Wissenschaft und Fragen um Ethik und Moral. Doch es geht dem Film nie um die ernsthafte Aufarbeitung dieser Themen, er bleibt bei seinen Figuren und der Ambition, einen handwerklich hervorragenden Thriller um ein Monstrum der Wissenschaft zu schaffen. Zwar mangelt es an manchen Stellen an innerer Logik, aber die Stärke der Inszenierung wiegt das locker wieder auf. Man darf gespannt sein, ob Regisseur Vincenzo Natali („Cube“, „Cypher“) sich tatsächlich auch an die Verfilmung von William Gibsons „Neuromancer“ machen wird.
4/5