Dass sich Sex bzw. Pornographie im Internet als Riesengeschäft entpuppt hat überrascht aus heutiger Sicht niemanden. Doch der Start der Branche, so erfährt man gleich zu Beginn von „Middle Men“, war eher holprig – bevor es steil nach oben ging. Der Film erzählt seine Story aus der Sicht von Jack Harris (Luke Wilson), der über Umwege zum wichtigen Player im Geschäft wurde. In einer unterhaltsamen Mischung aus Drama, Thriller und Komödie entfaltet sich das turbulente Geschehen und hegt er erkennbare Ambitionen den handelnden Personen ein ähnliches Denkmal zu setzen wie „The Social Network“ den Gründern von Facebook.
Harris übernimmt eine Start-Up-Firma der chaotischen Koksnasen Wayne und Buck (Giovanni Ribisi und Gabriel Macht). Die beiden haben eine Software entwickelt, die diskrete Zahlungen per Kreditkarte im Internet ermöglicht, und verkaufen so den Zugang zu ihrem selbstbetriebenen Porno-Portal. Als sie neues Material brauchen wenden sie sich an einen russischen Mafiosi und Nachtclub-Besitzer. Das bringt zwar kurzfristigen Erfolg, aber auch eine Menge Ärger. So landet Allround-Talent Harris bei den beiden, der sofort erkennt das die ganz große Kohle nicht mit den „dirty pictures“ gemacht wird, sondern mit der Bereitstellung der – damals einzigartigen – Technik zur Bezahlung.
Während die Firma immer reicher wird steigen die Spannungen zwischen den Figuren. Harris kann sein Dasein als treuer Familienvater schlecht mit dem des erfolgreichen Porno-Finanz-Mogul unter einen Hut bringen, Wayne und Buck schieben ihrerseits Frust und es gibt noch zahlreiche weitere Baustellen. Tatsächlich zerreisst das Überangebot von Konflikten und Themen förmlich die Narrative von „Middle Men“. Die einzelnen Teile sind zwar gut anzusehen, aber als ganzes fehlt ihm eine stringente dramatische Form. Schon die Perspektive des Films mit Harris als Erzähler ist ein Fehlgriff, aber wohl der Tatsache geschuldet, dass der Stoff eine Serie werden sollte und wie man hört nachträglich auf Spielfilmlänge gebracht wurde.
Regisseur George Gallo inszeniert vorwiegend nach Art von Martin Scorsese im Mafia-Modus, will sagen mit viel Energie, langen Kamerafahrten und Stones-Songs im Soundtrack. Und weil er das gar nicht mal schlecht macht und einige gute Szenen im Drehbuch stehen weiss „Middle Men“ sein Publikum durchaus zu unterhalten. Auch die Besetzung überzeugt, wobei ich mir bei Luke Wilson nicht sicher bin ob er überhaupt was anderes spielen kann als normale, etwas langweilige Typen. Harris‘ Gelassenheit ist immerhin ein guter Gegenpol zu seiner wilden Umgebung.
Der Film lässt es sich nicht nehmen auch eine Menge nackter Haut zu zeigen, was angesichts des Sujets auch verständlich ist. Seine Darstellung der Branche scheint mir aber ein wenig naiv und unkritisch zu sein. Von den vielen Püppchen bekommt ohnehin nur eine (Laura Ramsey als Harris Geliebte) ernsthaft was zu tun, wenn auch in einem der weniger gelungenen Stränge des Films. James Caan ist ebenfalls mit dabei, in einer interessanten, aber nicht zu Ende gedachten Rolle als zwielichtigem Vermittler. Letztlich scheitert „Middle Men“ daran, eine stimmige Mischung aus „Boogie Nights“ und „Social Network“ zu finden, doch für Kurzweil, Spaß und Spannung ist trotz der chaotischen Form auf jeden Fall gesorgt.
3/5