Unknown Identity

Es ist keine soo große Besonderheit mehr, dass „Hollywood“-Filme in Potsdam und Berlin gedreht werden. Trotzdem guckt man beim Trailer als (Wahl-)Berliner schon zwei mal hin, wenn Liam Neeson und Diane Kruger in einem Taxi von der Oberbaumbrücke stürzen. So geht es auch gleich los in „Unkown Identity“. Neeson spielt den Biologen Dr. Martin Harris, der mit seiner schönen Frau Liz (January Jones) für eine Konferenz  in der Stadt weilt.

Doch noch bevor er ins Hotel Adlon eincheckt bemerkt er, dass ihm ein Koffer fehlt und will mit dem Taxi schnell zurück zum Flughafen. Den erreicht er wegen des besagten Unfalls an der Seite der illegalen Einwanderin Gina (Kruger) nicht, als er wieder zu sich kommt hat er vier Tage im Koma gelegen und ein paar Erinnerungslücken. Doch viel schlimmer ist, dass er sich in einem äußerst realen Albtraum wähnt – seine Frau kennt ihn nicht mehr, an seiner Stelle tritt nun ein anderer Martin Harris auf. Und im Gegensatz zu Neesons Figur ist der auch mit einem Reisepass dieses Namens ausgestattet…

Man muss kein Prophet sein (nur ein paar „Bourne“-Filme gesehen haben), um zu erahnen, wie das ganze weiter geht. Die Story schlägt einige Haken und führt dabei noch eine Reihe neuer Figuren ein. Bruno Ganz gibt einen Ex-Stasi-Mitarbeiter namens „Herr Jürgen“, der Harris helfen will, sein Kollege Dr. Cole (Frank Langella) reist ihm nach, während er und Gina permanent von zwei üblen Schergen (gespielt von Stipe Erceg und Aidan Quinn) gejagt werden.

So richtig fesseln und faszinieren kann „Unknown Identity“ leider nicht, dafür ist die Story zu konstruiert und die Charaktere zu wenig spannend. Hin und wieder muss man glatt mal schmunzeln, wenn der Film seine etwas weit hergeholten Haken schlägt. Der Unterhaltung tut das freilich keinen Abbruch, es geht rasant und mit einigen Kampf- und Actionszenen zur Sache. Doch der offenbar gewünscht Hitchcock-Effekt von einem Puzzle, dessen Teile sich langsam zusammenfügen ist mit zu grober Nadel gestrickt, um überzeugen zu können.

Immerhin, für Zuschauer mit Ortskenntnissen von Berlin sind allein die Action-Sprünge quer durch die Stadt interessant zu verfolgen – auch oder weil sie keinerlei Sinn machen. Heimlicher Mittelpunkt des Film ist das Adlon-Hotel am Brandenburger Tor, aber auch am Hauptbahnhof und an der Friedrichstraße sind Aussenaufnahmen gedreht worden. Wie schon in „The Bourne Supremacy“ wird ein recht dunkles, winterliches und von DDR-Architektur geprägtes Bild der Stadt vermittelt, wenngleich auch ein paar schönere Ecken gezeigt werden.

Liam Neeson steht seine Rolle – trotz der offensichtlichen Schwächen der Story – gut zu Gesicht, auch der Rest der Besetzung ist gut gewählt. Einzig Diane Kruger muss undankbarerweise mit starken Akzent Englisch sprechen (sie spielt ja eine illegale Einwanderin aus Bosnien-Herzegowina), was zumindest in der Originalfassung für unfreiwillige Erheiterung sorgt. „Unknown Identity“ ist ein recht offensichtlicher Versuch, den Erfolg von „Taken“ (ebenfalls mit Neeson als unfreiwilligem Action-Held) zu wiederholen. Schon das Film-Poster ist letztlich dasselbe. Vom Gesamteindruck erinnert er mich an eine düstere Variante von „The Tourist“ – verspielt, temporeich und unterhaltsam. Und völlig unsinnig.

3/5