Man könnte „Hobo With A Shotgun“ allein wegen des Covers für einen klassischen Trash-Film halten, wie gemacht für die hinteren Regale der Videotheken. Ein älterer Landstreicher wird Opfer eines brutalen Verbrechens und will sich an seinen Peinigern rächen. Her mit der Shotgun, los geht das Geballer. Doch das wird dem Film nicht ganz gerecht.
Tatsächlich ist er weniger klassische Rachegeschichte als brutale Satire mit Tendenzen zur Farce. Sein übertriebenes Szenario zeigt eine fiktive Stadt, in der ein sadistischer Gangster namens Drake mit seinen zwei Söhnen eine Schreckensherrschaft errichtet hat. Die Polizei ist geschmiert, die normalen Menschen sind die großen Verlierer – sie müssen sich der Willkür der Schurken unterwerfen. Auf den Straßen herrschen Chaos und Angst, auch weil Drake gerne mal auf offener Straße jemanden köpfen lässt.
In dieses Szenario gerät also unser „Hobo“, gespielt von Rutger Hauer und anfangs noch ohne Shotgun. Schockiert von den Zuständen um ihn herum mischt er sich ein, als einer von Drakes Söhnen eine junge Frau kidnappen will. Eine edle Tat, die nicht ungestraft bleibt. Mit einem Messer ritzt man ihm das Wort „Scum“ (Abschaum) in die Brust und wirft ihn im wahrsten Sinne des Wortes auf den Müll. Doch der „Hobo“ berappelt sich mit Hilfe eben jener Frau, die er vorher vor schlimmerem bewahren konnte, und startet – nun mit seiner Shotgun – seinen Feldzug gegen die kriminellen Elemente der Stadt. Natürlich ist Drake nicht gewillt ihn gewähren zu lassen, und seine Schergen sind dem „Hobo“ auf der Spur.
Nicht nur das Szenario des Films ist übertrieben (ein Crack-Ghetto Ende der 80er scheint ein Paradies dagegen), sondern auch die extreme Darstellung der Gewalt. Es explodieren Köpfe, es werden Eingeweide rausgerissen und auch mal ein Bus voller Kinder verbrannt. Der Film geht an die Grenze des Zumutbaren, und für viele Zuschauer sicher weit darüber hinaus.
Dem ganzen eine Note zu geben ist eine zwiespältige Angelegenheit. „Hobo With A Shotgun“ ist nicht schlecht gemacht. Der Film setzt auf einen 70er-Jahre B-Movie-Look (stark überbelichtet), der zur Handlung passt. Die wiederum ist straff inszeniert, das Erzähltempo ist zügig. Die Frage ist jedoch, ob der Film eine echte Satire ist (oder sein will), oder sein Setting nur als Vorwand für die krassen Gewaltorgien benutzt.
Die „Message“ des Films soll wohl sinngemäß sein, dass die Menschenwürde ALLEN Mitgliedern der Gesellschaft zusteht – und die Leute das (wieder) lernen müssen. So könnte man das Finale (in dem Drake den „Hobo“ öffentlich hinrichten will) verstehen, bei dem die Stimmung der Zuschauer zugunsten des „Hobos“ kippt. Eine etwas dünne Aussage zwischen all dem Gemetzel, aber immerhin. Wer an blutigen B-Movies seine Freude hat kann zugreifen, alle anderen würden ohnehin nicht auf die Idee kommen.
3/5
PS: Mit einer Veröffentlichung des Films in Deutschland ist eher nicht zu rechnen, schon weil bezweifelt werden darf, dass der Film überhaupt eine FSK-Freigabe erhalten würde…