Vampir-Filme haben seit einigen Jahren Hochsaison im Kino. Die „Twilight“-Reihe bricht regelmäßig Rekorde, aber auch anspruchsvolle Filme wie „Let the Right One In“ und „Durst“ beschäftigen sich mit den Blutsaugern. Nun gibt es mit „Wir sind die Nacht“ auch einen (neuen) deutschen Beitrag zum Thema, der sich zwischen die Stühle setzt. Er zielt weder so gnadenlos auf pubertierende Teens und Tweens wie „Twilight“ noch bringt er den dramatischen Anspruch der beiden anderen Streifen mit.
Nina Hoss spielt Louise, die Jahrhunderte-alte Anführerin einer dreiköpfigen, rein weiblichen Vampir-Clique. Jennifer Ulrich ist die eher stille Charlotte, Anna Fischer gibt die lautstarke Berliner Vampir-Göre Nora. Die Story beginnt mit der jungen Rumtreiberin Lena (Karoline Herrfurth), die beim Besuch eines abgelegenen Clubs von Nora erst charmant umgarnt und schließlich gebissen wird. Nun also in Quartett-Besetzung machen die vier das Nachtleben unsicher, leben dabei nobel im Hotel und fahren mit Luxus-Karossen durch die Stadt.
Rein visuell ist „Wir sind die Nacht“ gelungen, die Bilder sind stylisch, man hat sich angemessen morbide Schauplätze gesucht. Das geschlossene Stadtbad Lichtenberg dient als Disko, außerdem wurde im Plänterwald, am Bahnhof Zoo, am Teufelsberg und im „Tropical Island“ südlich von Berlin gedreht. Das ist alles nett anzusehen und muss sich vor größeren Produktionen (laut Wikipedia lag das Budget bei ca. 6,5 Mio) nicht verstecken.
Nun zu den weniger gelungenen Aspekten. Da wäre zum einen das fast vollständige Fehlen einer Backstory der Vampire. Es gibt laut Nora nur noch „etwa 100“ weltweit, und ausschließlich Frauen, weil sich die Männer wohl zu dumm angestellt haben. Wo sie herkommen und was sie für die Zukunft so planen erfährt man nicht. Die bekannten Vampir-„Fakten“ müssen dem Publikum reichen. Einziger nennenswerter nicht-Vampir der Story ist der junge Polizist Tom (Max Riemelt), der ein Auge auf Lena geworfen hat. Deren zum Scheitern verurteilte „Romanze“ spielt sich leider nur knapp oberhalb von Soap-Opera-Niveau ab.
Ein weiteres Problem sind die Dialoge, die zuweilen schon unfreiwillig komisch sind. „Wo sind denn deine Freunde“ fragt Nora die offensichtliche Einzelgängerin Lena da etwa, und auch an anderen Stellen klingt das arg holprig. Immerhin, ein paar ganz gute Sprüche sind auch dabei – für den Tarantino-Gedächtnis-Award qualifizieren die sich aber auch nicht. Auch die Story ist nicht sonderlich überzeugend, die Ladies driften so durch die Gegend als wüssten die Drehbuchautoren nichts mit Ihnen anzufangen. Die Darstellerinnen geben sich Mühe, doch ihre Figuren bleiben sehr künstlich. Oberflächlich betrachtet ist „Wir sind die Nacht“ ein schicker Film geworden, es mangelt aber doch deutlich an Substanz. Man könnte ihn auch – Vorsicht Schenkelklopfer! – als blutleer bezeichnen…
2/5