Der neue Film von „Gattaca“-Regisseur Andrew Niccol ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch misslungene Filme Spaß machen können. „In Time“ hat einige gute Ideen – und die sind bei Science-Fiction-Filmen ja besonders wichtig. Nur dass er es leider nicht schafft, diese Ideen stilsicher und stimmig zu entwickeln. Trotzdem macht er Spaß und bietet flotte Unterhaltung; man muss nur die weniger überzeugenden Szenen mit viel gutem Willen einfach gleich wieder vergessen.
Im Szenario von „In Time“ hat Lebenszeit das Geld als Währung abgelöst. Jeder Mensch wird 25 Jahre alt, dann stoppt die biologische Uhr – es gibt also auch keine alten Menschen in dieser Welt. Aber nur wer sich durch Arbeit (oder Diebstahl) genug neue Zeit verdient, kann auch weiterleben. Wer kein neues Guthaben bekommt, für den läuft die Zeit sprichwörtlich ab. So passiert es gleich zu Beginn des Films, um dem Publikum diese unschöne Logik zu verdeutlichen.
Die Hauptfigur des Films ist Will Salas (Justin Timberlake), ein einfacher Fabrik-Arbeiter, der mit seiner Mutter in einer kleinen Wohnung lebt. Die beiden leben in einer Art Ghetto, einer Zeitzone in der nur solche Menschen leben, die sich ihren nächsten Tag Lebenszeit immer wieder neu verdienen müssen. In eine der besseren Zeitzonen kommt nur, wer eine Transit-Gebühr in Höhe mehrerer Monate bezahlen kann. Angesichts der mageren Verdienstmöglichkeiten für niemanden eine echte Option.
Will rettet den lebensmüden reichen Schnösel Henry Hamilton vor dem sicheren Tod durch finstere Zeit-Diebe – und muss am nächsten morgen mit ansehen, wie der sich von einer Brücke stürzt. Seinen Reichtum – über 100 Jahre Lebenszeit – hat er allerdings vorher auf Will übertragen. Und der macht sich mit seiner neu gewonnen Freiheit auf nach New Greenwich, die Stadt der Reichen und Schönen, aus der auch Hamilton kam.
Dann wird es zunehmend komplizierter. Will trifft in New Greenwich auf die Familie des schwerreichen Finanzmoguls Phillippe Wise, vor allem dessen Tochter Sylvia (Amanda Seyfried) hat es ihm angetan. Inzwischen ist auch der „TimeKeeper“ Raymond (Cilian Murphy), eine Art Marshall mit weitreichenden Befugnissen, hinter ihm her. Denn das Will die viele Zeit von Hamilton geschenkt bekommen haben könnte glaubt ihm niemand so recht.
Bald ist Will mit Sylvia auf der Flucht, neben Raymond ist auch die Gangsterbande aus dem Ghetto hinter ihm her. Während die vom Naturell her rebellische Sylvia erstmal lernen muss, wie es ist, ohne unendlich viel Zeit-Guthaben zu leben, ist in Will der Entschluss gereift das unfaire System zu attackieren. Damit wird „In Time“ dann so etwas wie die Sci-Fi-Version von Robin Hood – mit Sylvias Vater als Sheriff von Nottingham.
Wie oben schon erwähnt finden sich viele gute Ideen im Film. Doch die grundsätzliche interessante Dystopie ist nicht in jede Richtung zu Ende gedacht, und manchmal einfach unstimmig. Die dem moderaten Budget geschuldeten Retro-Autos etwa passen nicht zu einer potentiell unsterblich gewordenen Menschheit. Das geographische und politische Setting ist zu ungenau gezeichnet, eine Geschichte, wie es zu den drastischen Veränderungen in der Gesellschaft kam wird auch nicht geliefert. Es kann sich halt keiner mehr an „früher“ erinnern.
Trotz all dieser Mängel ist „In Time“ kein schlechter Film. Wenn man sich an das B-Movie-artige Setting erstmal gewöhnt hat sieht man dem bunten Treiben des Films und seinen durch den halben Film sprintenden Hauptdarstellern (Seyfried immer in Stilettos) gerne zu. Insgesamt ist die Besetzung gut (und charmant) genug, um die Lücken des Drehbuchs soweit zu überspielen, dass man sie gerne vernachlässigt. Ein bisschen schade ist es natürlich trotzdem, dass es eher die Schauwerte und das Tempo sind, die „In Time“ in der Spur halten, und nicht die Story. Denn aus der Idee hätte man sicher mehr machen können, wenn man sich nur ein paar Erzählstränge und/oder Entwicklungen gespart hätte.
3/5