Filmkritik: Django Unchained

Django Unchained PosterWestern/Comedy/Abenteuer, USA 2012

Regie: Quentin Tarantino; Darsteller: Jamie Foxx, Christoph Waltz, Leonardo DiCaprio, Kerry Washington, Samuel L. Jackson

In „Django Unchained“ mischt Quentin Tarantino (in fast schon altbekannter Manier) Zutaten aus verschiedenen Filmen, Genres und Geschichten zu einem eigentlich völlig unpassenden, aber erstaunlich gut funktionierenden Cocktail. Die Zutaten sind Spaghetti-Western der 60er und 70er Jahre, namentlich natürlich Sergio Corbuccis „Django“, das Blaxploitation-Kino der 70er, die Sage von Siegfried und Brunhilde aus dem Nibelungenlied, dazu die für Tarantino typischen Dialoge und Gewaltexzesse, sowie mit der Sklaverei ein historisch heikles Thema.

Christoph Waltz spielt Dr. King Schultz, einen deutschen Zahnarzt, der sich anno 1858 in den USA als Kopfgeldjäger verdingt. Schultz befreit den Sklaven Django (Jamie Foxx), weil der eine gesuchte Verbrechertruppe identifizieren kann, deren Kopfgelder der eloquente Ex-Dentist einsacken will. Nach ziemlich furiosem Beginn entwickelt sich dann die eigentliche Handlung – Django sucht nach seiner Frau, die auf die Plantage eines exzentrischen Sklavenhalters Candie (Leonardo DiCaprio) verkauft wurde. Ebenfalls im Rennen sind an Gladiatoren erinnernde Kampfsklaven, die Candie zum Vergnügen und als Wett-Geschäft gegeneinander antreten lässt. Im Film werden sie „Mandingo“ genannt, ob es sie zu Zeiten der Sklaverei tatsächlich gegeben hat ist bestenfalls unklar.

Wie gewohnt hat Regisseur und Drehbuchautor Tarantino eine Menge Ideen gehabt, die er genüsslich auf die Leinwand zaubert. Ebenso gewohnt ist man schon (zumindest geht das mir so), dass seine Euphorie geradezu ansteckend ist und er für seine Schauspieler großartige Rollen findet, an die man sich noch eine Weile erinnern wird. So spielt C. Waltz eine art gutartigen Hans Landa, immer bemüht, sein (weniger finsteres, dennoch sehr blutiges) Tun und Machen ausführlich, in gewählten Worten und stets lächelnd zu erklären. Etwa wenn er gerade vor den Augen eines ganzen Dorfes den Sheriff hingerichtet hat.

DiCaprio, in seinem ersten Auftritt bei Tarantino, spielt mit sichtlich Freude einen absoluten Widerling, den man dem auf Heldenrollen abonnierten Star tatsächlich sofort abnimmt. Bemerkenswert ist vor allem Samuel L. Jackson als Stephen, Candies scheinbar unterwürfigem, aber privilegierten Haussklaven mit Personalverantwortung, sicher eine seiner stärksten Rollen überhaupt.

Jamie Foxx als Titelheld beweist hohe Leidensfähigkeit, wie überhaupt die schwarzen Darsteller immer wieder (oft nackt oder halbnackt) brutal gequält werden. Für diese expliziten Darstellungen wie auch für die Rolle von Stephen hat Tarantino viel Kritik einstecken müssen, ebenso für den ständigen Gebrauch des Wortes „Nigger“, das in den USA immer noch hochbrisant ist – wenn es von Weißen ausgesprochen oder geschrieben wird.

Die Dramaturgie von „Django Unchained“ ist simpel, bisweilen gar etwas plump, was aber nur selten störend auffällt. Die Story ist mit 165 Minuten einen Tick zu lang geraten, doch Langeweile kommt bei der hohen Schlagfrequenz eher selten auf. Und gegen Ende kann der Film das Publikum für einen Moment richtig überraschen, bevor das Geschehen Kurs auf den unvermeidlichen Showdown nimmt.

„Django Unchained“ ist ein für Tarantino typischer Film, mit Stärken wie Wortwitz, Explosivität, dem Bruch von Konventionen, Lust am Subversiven und starken Darstellern. Er hat auch die üblichen Schwächen, wenn man sie so nennen will – er ist unrealistisch, übertrieben, äußerst brutal, hat das Potential Leute vor den Kopf zu stoßen, ist nur bedingt ernst zu nehmen und bedient sich hemmungslos bei cineastischen Vorbildern. Sich selbst hat QT hier vielleicht nicht übertroffen, seinen Ruf als Enfant Terrible des (post)modernen Kinos jedoch zementiert er souverän und sehr, sehr unterhaltsam.

4/5

PS: Wie so oft empfiehlt sich die englische Originalfassung; in diesem Fall u.a. weil hin und wieder Deutsch gesprochen wird, was in der Übersetzung ja wohl eher die Regel sein wird…

Ein Kommentar

  1. Bestenfalls durchschnittlich, für Tarantino-Verhältnisse sogar schwach. Schleppende Dramatrugie, Überlänge und – erstmals in einem Tarantino – schwache und atmosphärisch unpassende Musik. Ja, es gibt lustige Stellen und ja, Tarantino pinselt immer noch schöne Bilder auf die Leinwand. Aber die völlig authentisch wirkende Coolness von Streifen wie Pulp Fiction und insbesondere Reservoir Dogs und Jackie Brown verkam schon in Inglorious Bastards zu einem endlos nervenden, weil angestrengten Pseudo-Vibe; dieser Trend setzt sich mit Django Unchained leider fort. Der Film wirkt eher wie ein schwaches Guy Ritchie-Machwerk. Lässigkeit und Timing scheinen Tarantino ein wenig abhanden gekommen zu sein. Nur DiCaprio ist richig gut.

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