Thriller/Action, USA/Russland 2014
Regie: Kenneth Branagh; Darsteller: Chris Pine, Keira Knightley, Kevin Costner, Kenneth Branagh
Jack Ryan, die schon etwas betagte Romanfigur von Politthriller-Großmeister Tom Clancy, hat bereits eine lange Leinwandkarriere hinter sich. Alec Baldwin spielte ihn in „Hunt for Red October“, Harrison Ford in „Patriot Games“ und „Clear and Present Danger“, schließlich Ben Affleck in „The Sum of All Fears“. Wirklich überzeugen konnte (trotz der jeweils guten Vorlagen) nur „Roter Oktober“, was auch an Sean Connery als russischem Überläufer lag.
Nun soll die Figur einem neuen Publikum als zeitgemäßer Held präsentiert werden. Chris Pine („Star Trek“) spielt diesen Jack Ryan, der einen der Romanfigur ähnlichen Background hat – nur eben in die heutige Zeit übersetzt. Erst Soldat in Afghanistan, im Einsatz verwundet, Studium an einer Elite-Uni, der Neubeginn als politischer Analyst bei der CIA, schließlich auch „field agent“, sprich: Actionheld.
Als großer Freund des Agentenfilm-Genres war ich sehr gespannt auf den Film, aber auch skeptisch. Schließlich basiert „Jack Ryan: Shadow Recruit“ nicht auf einem Roman von Tom Clancy, sondern bedient sich lediglich einiger Figuren. Mit Kenneth Branagh als Regisseur und Bösewicht in Personalunion war zudem zweifellos Talent involviert. Eine Enttäuschung ist der Film leider trotzdem, entkommt er doch nur äußerst selten dem Mittelmaß.
Der Spagat zwischen echtem Agenten-Drama (a la „Tinker, Taylor, Soldier, Spy“) und Action-lastigem „Mission: Impossible“-Kino mißlingt, über weite Strecken ist „Shadow Recruit“ nicht Fisch und nicht Fleisch. Die Einführung der Hauptfigur erfolgt zügig, aber schablonenhaft. Handlung und Hauptfigur entwickeln sich dann nach einigen starken Szenen in Moskau zu schnell und unplausibel. Ryans Ehefrau Cathy – in den Romanen eine wichtige Figur – wird auch noch in den Mix geworfen, ohne dass hierfür eigentlich Zeit wäre.
So ist zwar eine Menge Bewegung im Spiel, der Funke springt aber nicht über. Afghanistan, England, Wall Street, Moskau, Wall Street – so die Stationen der Story. Der zentrale Teil spielt dabei in Moskau, wo Branagh den in der Finanz- und Unterwelt (gibt es noch einen Unterschied?) allmächtigen Bösewicht Viktor Cherevin gibt. Sein durchtriebener Plan, dessen „weltpolitische Komponente“ mir ziemlich albern erschien, hält Ryan und seinen Mentor Thomas Harper (Kevin Costner auf Autopilot) auf Trapp, sorgt dabei aber kaum für Spannung.
Warum Branagh den russischen Bösewicht mit sich selbst besetzen musste erschließt sich mir auch nicht. Natürlich ist er ein großer Schauspieler, aber ein Russe ist er nicht. Keira Knightley hat nur wenig mehr zu tun als gut auszusehen, in den paar Szenen, die mehr verlangen ist sie überzeugend. Doch glaubwürdig wird insgesamt weder die Figur noch die Beziehung der beiden. Der Jack Ryan aus den Romanen (und den drei ältesten Filmen) war ein intelligenter Instinktmensch mit Überzeugungen. Die Version von 2014 ist clever und berechnend, immerhin mit der Gabe zur Improvisation.
Ich beschwere mich selten, dass ein Film zu kurz geraten ist, aber hier scheint es mir zumindest denkbar, dass die sehenswerteren Teile des Films größtenteils auf dem Boden des Schneideraums liegen. Weil die ganze Show nach unter 100 Minuten vorbei ist kann keine Figur glaubhaft entwickelt werden. So bleiben ein paar gute Ansätze, die angestrebte Wiedergeburt des Helden schlägt jedoch Fehl.
2/5