Regie: Sam Mendes; Darsteller: Daniel Craig, Christoph Waltz, Ralph Fiennes, Lea Seydoux
Daniel Craigs Bilanz als Bond konnte sich bisher sehen lassen. „Casino Royale“ und „Skyfall“ zähle ich zu den besten Filmen der Reihe, bei „Quantum of Solace“ haben die Drehbuchautoren gestreikt – was man deutlich merkt, aber irgendwie auch einfach Pech war. „Spectre”, der vierte und möglicherweise letzte „007“ mit Craig als Bond, ist leider kein Volltreffer wie die beiden eben genannten Filme, lohnt sich aber dennoch mindestens für alle Fans der Reihe.
Ungewöhnlich für die Reihe setzt „Spectre“ (nach einem der schlechtesten Titelsongs aller Zeiten) direkt da an wo „Skyfall“ aufhörte. Wie man liest war dies für Sam Mendes, der erneut Regie führte, eine wichtige Voraussetzung um an Bord zu kommen. Storytechnisch werden gar Fäden aus allen drei Filmen der Ära Daniel Craig aufgenommen und zu ende gesponnen – was leider weniger glorreich ausfällt als es Fans wie ich erhofft hatten.
Die ersten ca. 90 Minuten von „Spectre“ sind großes Kino, hier werden Tempo, Story, Action, Schauplätze und Plot souverän zu feinster Agenten-Unterhaltung verbunden. Mexiko, Rom, London, Tirol, Tangiers – Bond und seine Kollegen bzw. Gespielinnen sind mächtig auf Achse. Nicht jede Szene ist der absolute Hingucker, doch die Reise macht richtig Spaß und bietet – wenn auch keine bahnbrechende – dann doch sehenswerte Actionszenen mit zahlreichen Reminiszenzen an frühere 007-Abenteuer.
Nach einem „Ersatz-Showdown“ geht es dann jedoch noch eine ganze Zeit mit der Handlung weiter, wobei den Autoren leider die guten Ideen ausgehen. Auf dem Weg zum Finale ist vieles entweder unnötig oder allzu vertraut dem „Beginners Guide to Writing a Spy Movie“ entnommen. Die Wendungen der Story sind recht vorhersehbar, das große „Aha“-Erlebnis bleibt ebenfalls aus.
Christoph Waltz macht als Bösewicht eine gute Figur, wenngleich diese Rolle für ihn 5 Jahre zu spät kommt – man hat ihn als eloquenten, abseitigen Schurken (oder Antihelden) einfach schon zu oft gesehen, als dass er positiv überraschen könnte. Monica Belluccis Auftritt ist kurz, stilvoll und erzählerisch ohne Bedeutung, Ralph Fiennes und Ben Wishaw als M bzw. Q weiterhin funktionieren gut, Léa Seydoux schmollt sich gekonnt als Haupt-Bondgirl durch den Film, kann aber keine Duftmarke setzen wie etwa Eva Green in „Casino Royal“.
Eine Enttäuschung würde ich “Spectre” nicht nennen. An den eigenen Ambitionen, hier einen gemeinsamen End- und Höhepunkt für die letzten vier Filme zu setzen, scheitern Mendes und seine Drehbuchautoren. Aber es ist ein recht knappes und vor allem ehrenwertes Scheitern.
4/5
PS: [SPOILER: Eigentlich müsste Blofeld ja wiederkommen, auch wenn er hier am Ende gefasst wird. Und er bekommt ja am Ende erst die Narben ins Gesicht, die er in den alten Filmen bereits hatte. Ich würde vermuten, dass sich die Produzenten diese Option bewusst offen gelassen haben…]
Sehr richtig, ich sehe das genauso, und zwar Satz für Satz.
Bei der Gelegenheit möchte ich mal meine These vom „emotionalen Nukleus“ anbringen: Den gibt es bei Casino Royale (Beziehung Bond – Vesper) und bei Skyfall (Beziehung Bond – M) – deshalb sind das die deutlich besseren Filme. Bei Quantum of Solace und Spectre gibt es diesen emotionalen Kern nicht. Oder er funtioniert nicht. Ms. White (hab schon vergessen, wie sie richtig heißt) ist wirklich eine sehr unwürdige Nachfolgerin von Vesper Lynd. Wenn der Schurke dem Publikum schon erklären muss, warum das so eine große Sache ist zwischen Bond und Ms. White: Pffff, das ist dann auch irgendwie der Todestroß für alles, was da auf der Leinwand behauptet wird.
Bleiben also bei Spectre nur die (etwas arg routiniert abgenudelten) Actionszenen und die wirklich tollen Auftritte von M, Q und Moneypenny. Alles in allem bin ich aus dem Kino rausgegangen und dachte: Och, nö, das soll es jetzt gewesen sein mit Daniel Craig als Bond?! Da wäre ein ein runderer und mitreißenderer Abschluss der 4 Filme drin gewesen!