Kiss Kiss Bang Bang

Es ist über 60 Jahre her, dass französische Kritiker eine Reihe von amerikanischen Filmen sahen, die sie als Film Noirs bezeichneten. Geschichten von Detektiven, von in die Enge getriebenen Bürgern, von verführerischen Frauen und mysteriösen Todesfällen. Seitdem hat das Genre mehrere Auferstehungen erlebt, vor allem in den 70er und 90er Jahren. Mit ihrem großartigen The Big Lebowski lieferten die Coen-Brüder vor knapp zehn Jahren die vielleicht erste Noir-Persiflage ab, in der sie einen sympathischen, faulen Sack mitten in eine Entführungsstory werfen, die er nur mäßig überschaut.In eine ähnliche Kerbe schlägt nun Shane Blacks Kiss Kiss Bang Bang. Kleinganove Harry (Robert Downey Jr.) gerät auf haarsträubende Art und Weise in ein Casting, findet sich kurz darauf in Los Angeles wieder und weiß schon bald nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Auf einer Party schließt er erste Bekanntschaften und endet im Bett mit der falschen Frau. Kurz darauf macht er sich mit dem undurchsichtigen Gay Perry (gnadenlos komisch verkörpert von einem leicht übergewichtigen Val Kilmer) auf, das Detektivspielen zu erlernen.

Wild, unüberschaubar, gewürzt mit gnadenlosem Humor nimmt eine wilde Story ihren Ausgang, die sich hemmungslos bei unzähligen Schund- und Detektivromanen samt ihren Leinwandversionen bedient. In vier nach Geschichten von Raymond Chandler benannten Kapiteln türmen sich die Leichenberge und häufen sich die irrwitzigen Situationen, die nur durch den unerschütterlichen Wortwitz des ungleichen, hervorragend harmonierenden Duos übertroffen werden. Dabei bemüht sich Harry noch mittels Off-Kommentar ein wenig Ordnung ins wilde Treiben zu bringen, muss sein Scheitern aber selbst eingestehen.

Wirklich ernst ist hier keiner bei der Sache, die ironische Distanz zum Geschehen ist ein Schlüssel dafür, dass Kiss Kiss Bang Bang so wunderbar funktionieren kann. Harry ist mit der Situation klar überfordert, wächst aber im Verlauf der Story über sich hinaus. Nicht nur einen verworrenen Fall von Täuschung, Mord und Entführung gilt es zu lösen, auch seine Jugendliebe Harmony (die ihrem Namen nicht im Ansatz Ehre zu machen gedenkt) will erobert werden. Downey Jr. gibt den Underdog und Neuling im Haifischbecken L.A., und tut dies mit einer Mischung aus Charme, Unfähigkeit und liebenswerter Beharrlichkeit. Val Kilmer spielt den abgeklärten Tough Guy, in der recht seltenen schwulen Version. Auch hierzu gibt es massig Lacher, man achte bloß auf den Klingelton von Perrys Mobiltelefon.

Der Humor des Streifens ist zuweilen so pechschwarz, dass einigen zart besaiteten Zuschauern das Lachen im Halse stecken bleiben könnte. Shane Black, bisher vor allem als Drehbuchautor für Lethal Weapon und Last Boy Scout in Erscheinung getreten, ist bei seinem Regiedebut so gut wie nichts heilig, und sein Drehbuch meint es mit vielen lebenden und auch toten Figuren nicht besonders gut. Wer seinen derben Humor jedoch zu schätzen weiß, kommt in den Genuss des bisher witzigsten Films des Jahres. Selten so gelacht.

9/10