Unzählige Comic-Verfilmungen hat uns Hollywood in den letzten Jahren bereits beschert, doch nach dem immensen Erfolg von „Spider-Man“ legen die Studios noch eine Schippe drauf, was die Anzahl der Filme angeht. „Daredevil“ wurde bereits im Frühjahr in die Kinos gebracht, und ist nun bereits auf DVD erhältlich. Ich habe in meinem Leben nicht ein einziges Comicheft gelesen, dessen Protagonist es zu auf die Kinoleinwand gebracht hat. Will sagen: ich habe keine Ahnung, inwiefern „Daredevil“ und andere Verfilmungen ihrem „Original“ entsprechen, was geändert wurde, und so weiter. Deshalb bitte keine erbosten Zuschriften der Marke „Daß war doch im Comic alles anders!“, die nicht der Aufklärung dienen, wenn ich bitten darf. Darf ich? Doch nun zum Film. Matt Murdock ist 14 Jahre alt, als er durch einen Unfall sein Augenlicht verliert. Sein Vater, ein Ex-Boxer, ist nicht ganz unschuldig an dem Unfall gewesen, und so schwören sich Vater und Sohn, niemals mehr aufzugeben und sich gegenseitig immer zu unterstützen. Während Jack Murdock seine Karriere wieder aufnimmt, stellt Matt fest, daß seine übrigen vier Sinne so extrem geschärft sind, daß er seine Umgebung genauer wahrnehmen kann, als je zuvor. Sein Hörvermögen ermöglicht es ihm, die Welt vor seinem geistigen Auge wieder sichtbar zu machen. Kurzum: Matt ist nun ein „Superhero“.
Als sich sein Vater eines Tages weigert, einen manipulierten Kampf zu verlieren, wird er von den Hintermännern kurzerhand ermordet. Matt schwört Rache, und geistert von nun an des nachts durch New York City, um das Unrecht zu bekämpfen. „Daredevil“, als Erwachsener nun dargestellt von Ben Affleck, ist ein düsterer Held, ein „Loner“, der sich, um schlafen zu können, in einen schalldichten Wassertank zurückziehen muss. Tagsüber arbeitet er als Anwalt, der laut seinem Partner Foggy zuviele unschuldige und arme Klienten vertritt.
Wie die meisten Comicverfilmungen ist „Daredevil“ ein optisch beeindruckender Film, mit schönen Kamerafahrten, großartigen Kulissen, schöner Farbgebung und anständiger Action. Doch leider funktioniert die Story nicht besonders gut. Ein Grund hierfür ist, daß der der Film schlicht zu kurz ist. Nur eine knappe Stunde dauert die eigentliche Handlung, zuvor werden lediglich die Handelnden Person eingeführt. Zu diesen gehören Gangsterboss „Kingpin“ (Michael Clarke Duncan), dessen Hitman „Bullseye“ (Colin Farrell) und die schöne Elektra (Jennifer Garner), Tochter eines Milliardärs. Mit Ausnahme einer zwar lustigen, aber völlig deplatzierten Kampfszene zwischen Matt und Elektra scheint „Daredevil“ zunächst den richtigen Erzählton zu treffen, doch geht es dann mit großer Geschwindigkeit in die Richtung eines allzu simplen Standard-Comic-Plots, der wirklich keinen Zuschauer überraschen dürfte.
Was eigentlich sehr schade ist, denn die Figur des Daredevils ist weitaus interessanter, als viele seiner Comic-Kollegen, und so steckt in dem Material das Potential für einen richtig guten Film. An einigen Stellen, etwa wenn unser Superheld zur Beichte eine Kirche besucht, ist dies dem Film anzumerken, doch das ist leider zu selten. Die Tatsache, dass das Ende nach einer Fortsetzung geradezu schreit, kann ich bei einem solchen Film locker verschmerzen, was aber nicht heißt, daß der Weg zu diesem Ende der richtige war.
Kurz bevor „Daredevil“ in den USA anlief, war irgendwo zu lesen, daß wegen des „Spider-Man“-Erfolges noch einmal einige Millionen Dollar ausgegeben wurden, um die Special-Effects ein wenig aufzumöbeln. Eigentlich, so hieß es, sollte der Film billiger und länger sein, wirklich düster dazu, und mit einer „R“-Freigabe versehen. Schaut man sich den fertigen Film an, kann man dies durchaus glauben. Wenn es stimmt, dann ist es schade um das verlorene Material, aber vielleicht setzen sich die Beteiligten ja demnächst mal daran, an einen ausführlichen Director`s Cut zu schneiden. Ich wäre dabei.
4/10