Seabiscuit

Die Oscar-Verleihung steht vor der Tür, am 29.02. ist es soweit. Zu den Nominierten in der Kategorie „Bester Film? gehört auch „Seabiscuit“, der vor ein paar Tagen hier auf DVD veröffentlich wurde. Grund genug, um sich mal ein Bild zu machen, und so stand der Film denn auch beim letzten Videoabend auf dem Programm. Und der erste Gedanke, der jedem im Raum sofort kam, war „Marlboro-Werbung!“. Kein Wunder eigentlich, angesichts des Themas. Erzählt wird die wahre Geschichte dreier Männer und eines Pferdes, Schauplatz ist der Westen der USA in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Story beginnt mit dem Erfolg des Unternehmers Charles Howard (Jeff Bridges), der zu großem Reichtum kommt. Ebenfalls auf einem guten Weg scheint der junge Red zu sein, seine in bescheidenem Wohlstand lebenden Eltern haben ihm gerade ein Pferd gekauft, weil er ein hervorragender Reiter ist. Dritter im Bunde ist der Pferde-Trainer und Ex-Cowboy Tom Smith (Chris Cooper), wie es scheint ein Mann der Vergangenheit, der mit der von Autos und Industrie geprägten Gegenwart nicht viel anfangen kann.

Es ist die große Wirtschaftskrise der späten 20er Jahre, die für Bewegung sorgt im Leben der Figuren. Reds Eltern geben ihren geliebten Spross bei einem Rennbahnbesitzer zur Obhut, um ihm ihr Elend und sich selbst seine Unterhaltskosten zu sparen. Der durch den Boom reich gewordene Howard verliert seinen einzigen Sohn durch einen Unfall, weil er sorglos mit der neuen Technik umgegangen ist, und auch seine Frau verlässt ihn. In Mexiko sucht er Entspannung und Vergessen, und dort begint seine Beschäftigung mit dem Pferderennsport. Den Rest dieser nicht ganz kurzen Geschichte lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Howard (inzwischen wieder neu verheiratet) trifft Smith, der Seabiscuit entdeckt, beide finden Red (mittlerweile gespielt von Tobey McGuire), der mit dem wilden Pferd perfekt umgehen kann. Das Team gewinnt Rennen, doch die große Anerkennung wird ihm versagt bleiben bis sie das im ganzen Land berühmte Rennpferd „War Admiral“ besiegen können. Leider geraten Pferd und Reiter in eine schwere Krise, doch beide geben nicht so schnell auf…

Die Probleme, die ich mit „Seabiscuit“ hatte, sind zahlreich. Der Film ist mit knapp zweieinhalb Stunden zu lang, die Story ist nicht spannend, und da ich kein Fan des Pferdesports bin, sind mir die ausführlichen Szenen auf der Rennbahn auch eher ein Dorn im Auge gewesen. Es ist nicht so, dass der Film einfach schlecht wäre – die teure und überzeugende Ausstattung ist beeindruckend und die Schauspieler bieten keinen Grund zur Beschwerde. Doch für einen Nicht-Amerikaner ist die in den USA so berühmte und beliebte Erfolgsgeschichte des zu kleinen Pferdes mit dem zu großen Jockey, so gut sie auch erzählt sein mag, nicht von besonderem Interesse. Doch ausser dieser Geschichte bietet der Film wenig Gelegenheiten, ihn zu mögen. Weder die Bilder noch die Dialoge bieten irgendwas Neues, die Figuren sind weder uninteressant noch sonderlich faszinierend. Die Geschichte von Außenseitern, die große Erfolge feiern, ist hinreichend bekannt und wird hier ohne irgendeinen besonderen Charme erzählt, zumindest keinem, der sich mir erschlossen hätte.

Wer also „nur“ an Filmen interessiert ist, nicht jedoch am Pferdesport oder an genau dieser Geschichte, der ist wohl besser beraten, „Seabiscuit“ zu meiden. Anders als bei „The Legend of Bagger Vance“, der sich mit einer ähnlichen Geschichte – hier gehts um Golf – in der gleichen Ära beschäftigt, ist der Funke bei mir nie übergesprungen. Obwohl mir vorher nur klar war, dass es sich um die Erfolgsgeschichte eines Pferdes in den Dreißiger Jahren handeln würde, war ich bereits nach einer halben Stunde bedient, hatte genug Pferde und Rennen und Verlierer gesehen, genug für eine lange, lange Zeit. Man stelle sich einfach vor, was ein US-amerikanischer Baseball-Fan dem „Wunder von Bern“ abgewinnen könnte. Nicht viel, schätze ich.
4/10