The Punisher

Für Menschen, die von Comics soviel Ahnung haben wie ich, sei es gleich erwähnt: „The Punisher“ ist ein Superheld aus dem Universum von Marvel-Comics. Normalerweise sind solche ja leicht an klassischen Merkmalen wie Ganzkörper-Anzug oder übermenschlichen Fähigkeiten zu erkennen, aber im Falle von Frank Castle (Thomas Jane) liegen die Dinge ein wenig anders. Er hat zu Beginn der Geschichte einige recht herbe Todesfälle in der Familie zu verschmerzen, denn seine Arbeit als Undercover-Cop brachte ihm den Zorn des Verbrecherkönigs Howard Saint (John Travolta) ein.Auch so kann man also zum Superhelden werden – eine gewaltige Trotzreaktion, übermäßiger Ärger, überwältigende Trauer. Castle hat einen Waffendeal vereitelt, bei dem Saints Sohn zu Tode kommt. Deshalb löscht dieser, auf Anraten seiner Ehefrau, gleich die gesamte Familie des Cops aus. Eigentlich hätte der auch selber getötet werden sollen, aber er entkommt schwer verletzt und meiner nicht unbeträchtlichen Wut im Bauch. Zurück in Florida und wiederhergestellt muss er auch noch erkennen, dass die Polizei sich nicht eben ein Bein ausreißt, um Saint für seine Taten zur Rechenschaft zu ziehen.

So kann das natürlich nicht weitergehen, und so bezieht Frank eine heruntergekommene Wohnung und schmiedet finstere Pläne. Seine Nachbarn in dem verfallenen Mietshaus sind sein einziger sozialer Kontakt. Die drei sympathischen Verlierer schauen dem Treiben ihres neuen Nachbarn interessiert zu, und nach einiger Zeit und Nachbarschaftshilfe werden sie sogar in Castles Kampf mit Saints Schergen verstrickt. Es sind diese Szenen, in denen der Held endgültig vom Menschen zum „Punisher“ wird, da kann selbst die attraktive Joan (Rebecca Romijn-Stamos) nichts mehr dran ändern. Es sind ebenfalls diese Szenen, in denen der Film endgültig scheitert, weil er seine ernste Story und die obligatorischen Actionszenen nicht zu einem stimmigen Ganzen verschmelzen kann. Für ein seriöses Drama bleibt die Hauptfigur in all ihrer Pein zu oberflächlich, für einen soliden Brutalinski-Schinken brennt wiederum zu selten die Luft.

Wie zur Erinnerung an des Punishers Superheldentum lässt Regisseur Hensleigh mal einen Over-the-top-Bösewicht den armen Castle vermöbeln, John Travolta so böse sein wie eben möglich – und erreicht doch nicht sein Ziel. Howard Saint ist als Bösewicht in etwa mit dem maßlos überzogenen Drogengangster vergleichbar, dem die „Bad Boys“ in ihrem zweiten Auftrag ans Leder wollten – die Grenze zwischen hirnloser Action und überzeichneten Comicgestalten ist hier zu fließend, die beiden Gangster sind austauschbar und somit weder realistisch noch phantasievolle Oberbösewichte. Sie sind schlicht langweilig, und das tut den Filmen sicher nicht gut. Natürlich braucht der „Punisher“ als ersten Gegner eine von Grund auf böse Figur, schließlich soll er ja seine Rolle als strafender Held ausfüllen können, Saint ist jedoch allzu beliebig geraten.

Die immense Wut im Bauch, die Castle über die Bestrafung seines persönlichen Feindes hinaus zum dauerhaften Einzelgänger und Vertreter der gepflegten Selbstjustiz macht, sie bleibt vage und muss eher vorausgesetzt werden. Ein psychologisch überzeugendes Coming-Out bietet die Story jedenfalls nicht. Von all den Comicverfilmungen der letzten Jahre ist der „Punisher“ eine der schwächeren, gescheitert wie vor einem Jahr der „Daredevil“. Dabei wäre durchaus mehr drin gewesen. Die wirklich interessanten Jahre hat der gute Bestrafer ja noch vor sich, wenn er abseits von persönlichen Gelüsten der Welt seinen Stempel aufdrücken will. Auf was für eine Klientel hat er es denn abgesehen, auf Politiker, Gangster oder Diktatoren? Und käme er vielleicht den Fledermaus- und Spinnenmännern dieser Welt mal in die Quere?
4/10