Es ist doch immer wieder eine Freude, über Leinwand-Adaptionen berühmter Bücher zu schreiben, ohne diese gelesen zu haben. Man spart sich die Hälfte der Arbeit. Wir wollen aber nicht vergessen, dass Steven Spielberg mit seinem nun auf DVD erschienenen Krieg der Welten ganz sicher in erster Linie an sein Kino-Publikum gedacht hat. So spielt seine Version selbstverständlich in der Gegenwart und nicht am Ende des vorletzten Jahrhunderts. Meine bescheidene Weisheit sagt mir, dass der Film zu jener Sorte gehört, die man unbedingt im Kino sehen sollte. Zumindest sofern die eigene Heimkinoanlage einen Wert von 10 000 Euro nicht übersteigt. Ich habe es nicht ins Kino geschafft, und vermag mich nicht einmal mehr zu erinnern, warum nicht. Nun, für meinen Fernseher und DVD-Player wurde die Bezeichnung Heimkino sicher nicht erfunden, trotzdem machte es nicht wenig Laune, dem Spektakel beizuwohnen. Los geht es mit ein paar kurzen Szenen, die Ray Ferrier (Tom Cruise) und seine Familie vorstellen. Ray ist Kranführer im Hafen von New York, seine Ehe mit Mary Ann (Miranda Otto) vor langer Zeit gescheitert. Wie es der Zufall will hat er für ein Wochenende seine Kids zu Besuch, Teenager Robbie und die zehnjährige Rachel. Als Vater macht Ray keine berauschende Figur, intakte Familien sehen anders aus. Dann bricht auch schon die Katastrophe über die Drei hinein. Der Himmel verdüstert sich, zahllose Blitze schlagen ein und legen die komplette Elektrizität lahm. Während die Menschen sich noch benommen einen Reim darauf zu machen versuchen, erheben sich aus den Tiefen der Erde monströse, langbeinige Maschinen. Ohne Vorwarnung und weitere Erklärung machen sich diese Tripods an ihr finsteres Werk. Sie töten und zerstören alles, was sie auf der Erdoberfläche finden. Nur haarscharf entkommen Ray und seine Kinder dem sicheren Tod und machen sich auf den Weg Richtung Norden, zu Mary Ann und ihrem Lebensgefährten in Boston.
Spielberg liefert in der ersten Stunde einen beeindruckenden Horror- und Katastrophenfilm ab, der die Ausweglosigkeit der Menschenmassen auf der Flucht vor übermächtigen Gegnern hervorragend in Szene setzt. Die Flucht der Ferriers sorgt durch ihren Roadmovie-Charkater für ein flottes Tempo. Das apokalyptische Szenario bietet Stoff für einige großartige, ungewöhnlich düstere Szenen. Brennende Züge fahren durch das Bild, verzweifelte Menschen fallen wegen eines Autos übereinander her. Als die Massen versuchen, eine Fähre über den Hudson zu erreichen, kommt es zum Aufstand, doch nach wenigen Minuten haben die Tripods auch das große Schiff in einen Haufen Schrott verwandelt. Kurz darauf gleicht die Szenerie eher einem Kriegsfilm. Die überforderte Armee rückt den Eindringlingen mit Panzern und Kampfhubschraubern auf die Pelle. Doch diese Form von Widerstand scheint zwecklos.
Es herrscht ein Klima der Angst in diesen beeindruckenden Szenen, und der nackte Kampf ums Überleben fordert seine Opfer. Steven Spielberg, obwohl für grausame Szenen bisher nicht bekannt, findet dafür sehr gute, passende Bilder. Mit grandiosen Spezialeffekten und einem starken Gespür für Stimmung und Timing der Story kann War of the Worlds zunächst fast auf ganzer Linie überzeugen. Wenige schwächere Szenen und das doch sehr vorhersehbare Zusammenwachsen der Familie tun dem guten Gesamteindruck keinen Abbruch. Gerade als es am lautesten kracht und der Terror am größten ist nimmt Spielberg dann abrupt das Tempo raus. Es folgt eine ermüdende Viertelstunde Ausharren in einem Keller, bevor es noch einmal eine nicht sehr überzeugende Actionsequenz aufs Auge gibt. Danach klingt der Film (soweit mir bekannt ist in Übereinstimmung mit der Vorlage) nur mehr aus. Den finalen Kniff will ich hier deshalb auch nicht preisgeben, denn soweit ich weiß bin ich nicht der einzige Mensch, der mit dem Stoff bis jetzt nicht wirklich vertraut war. Die goldene Regel des Blockbusterkinos, wonach am Ende immer ein besonders lauter Knall stehen muss, ignoriert der Film schlicht und ergreifend. Damit tut er sich keinen Gefallen, zu gut hat die Geschichte begonnen, als dass man diese letzten gut 30 Minuten so einfach hinzunehmen gewillt ist.
So ist der Krieg der Welten, ähnlich wie schon A.I., ein Film, der im Wesentlichen aus verschiedenen, in sich geschlossenen Segmenten besteht, die durch eine vorherrschende Grundstimmung verbunden sind. Von denen ist jedoch zum Glück keine dermaßen bescheiden ausgefallen ist wie das berüchtigte, überlange Ende von A.I.. Nur wünscht man sich im Nachhinein die etwas schwächeren Szenen mehr Richtung Anfang. So hätte sich das Gefühl von packender und gelungener Unterhaltung um einiges länger gehalten. Insgesamt reicht es aber noch locker für das obere Drittel der großen Eventfilme, was den Stärken dieses Streifens ebenso geschuldet ist wie den Schwächen der Konkurrenz. Diese zweite Zusammenarbeit der Hollywood-Megastars Cruise und Spielberg erreicht nicht ganz das Niveau von Minority Report, von einer Enttäuschung zu sprechen wäre trotzdem übertrieben.
7/10