Stolz und Vorurteil

Verfilmungen klassischer englischer Literatur des 18. Jahrhunderts sind ziemliches Neuland für mich. Da versteht es sich quasi von selbst, dass mir die Vorlage des Stoffes, Jane Austens „Pride and Prejudice“ unbekannt ist. Somit kann ich mir auch gleich den Absatz sparen, der die Treue zur Vorlage behandelt und stelle stattdessen fest, dass Joe Wrights Film mit Keira Knightley in der Hauptrolle auch ohne genauere Kenntnis derselben einen Blick wert ist.Knightley spielt Lizzy Bennett, die zweitälteste von fünf jungen Schwestern, die nach einem Ehemann Ausschau halten. Lizzy ist scharfzüngig und selbstsicher bis hin zur Frechheit, zwei Attribute, die zu jener Zeit nicht eben als damenhaft galten. Ihre älteste Schwester, die etwas verschlossene Jane (Rosamund Pike), scheint in dem wohlhabenden Mr. Bingley jemanden gefunden zu haben, der um ihre Hand anhalten wird. Dessen Begleiter ist der noch wohlhabendere Mr. Darcy, der vordergründig als blasiertester aller englischen Snobs durchgehen könnte. Ob jedoch die feinen Herren tatsächlich zu Ehemännern der Bennett-Töchter werden, wird sich erst nach unzähligen Verwicklungen, Bällen und Gesellschaften entscheiden. Standesunterschiede, Mißverständnisse und nicht zuletzt „Stolz und Voruteil“ stehen den Charakteren ein ums andere Mal im Wege.

Die Situation der Bennetts ist auch nicht ganz einfach, denn nach geltendem Recht kann das Anwesen der Familie nicht an weibliche Nachkommen vererbt werden. Und so steht bald ein entfernter Cousin vor der Tür, der sich als Mr. Collins vorstellt. Mr. Collins ist von kleinem Wuchs und nicht sehr einnehmendem Wesen und hält es für das einzig richtige, sich eine Tochter des Hauses zur Frau zu nehmen, so dass die Familie zumindest nicht allen Besitz verliert. Seine Wahl fällt allerdings zunächst auf eine junge Dame, die sich ein Leben mit dem angehenden Pfarrer nun wahrlich überhaupt nicht vorstellen kann. Schon bald ist jedoch ein Kompromiß gefunden, doch damit geht die aus vielen Strängen bestehende Handlung noch lange nicht zuende.

Keira Knightley ist in ihrer bis dato besten Rolle zu sehen, und wenn das auch kein allzu großes Lob darstellt und eine Oscar-Nominierung ein wenig fragwürdig erscheint, soll es ihre Leistung nicht schmälern. Wäre ihre Darstellung nicht so glaubwürdig (vor allem in den Szenen zwischen Lizzy und Mr. Darcy) könnte der Film nicht funktionieren. An ihrer Seite spielen mit Donald Sutherland als Mr. Bennett und Judi Dench als hochadlige Lady Catherine keine Unbekannten. Auch die männliche Hauptrolle ist mit dem mir bisher völlig unbekannten Matthew Macfayden (als Mr. Darcy) erstklassig besetzt. Geld für die Ausstattung war offenbar reichlich vorhanden, und auch die schönen Bilder vom Lande tragen zum Vergnügen des Films bei. Vom Hocker hat mich dieses gelungene Melodram zwar nicht gehauen, aber wer nach gut gespieltem, ernsthaften Kino Ausschau hält, kann hier fündig werden.

7/10