Match Point

Für einen Filmemacher, der für sich beansprucht, unabhängig zu sein, ist Hollywood nie ein gutes Pflaster gewesen. Regisseure wie Jim Jarmusch und auch die Coen-Brüder haben häufig auf europäische Geldquellen zurückgegriffen, die so das amerikanische Independent-Kino unterstützten. Zu dieser Reihe gehört nun auch Woody Allen, der nach eigenen Aussagen nur in Europa, genauer in London, einen Produktionsdeal abschließen konnte, der ihm die volle künstlerische Freiheit garantiert. Das Ergebnis dieses Vertrags liegt nun mit „Match Point“ vor, und ist Anlass zu großer Freude.Bereits die ersten Bilder des Films verdeutlichen, worum es Allen diesmal geht. Ein Netzroller beim Tennis symbolisiert die große Wirkung, die ein bisschen Glück auf den weiteren Verlauf des Lebens haben kann. Auftritt des smarten Ex-Tennisprofis Chris Wilton (Jonathan Rhys-Meyers), der bei einem noblen Club als Trainer anheuert. Einer seiner ersten Schüler ist der aalglatte Upper-Class-Spross Tom Hewitt (Matthew Goode). Bei einem Glas Schorle nach dem Training stellen die beiden fest, dass sie ein Interesse für die Oper gemein haben. Nicht viel später sitzen sie in der Familienloge der Hewitts, wo Toms Schwester Chloe (Emily Mortimer) ein Auge auf den hübschen Chris wirft. Während sich Chris und Chloe näher kommen, gesellt sich die verführerische Amerikanerin Nola (Scarlett Johansson) als Toms Verlobte zu dem Trio hinzu.

Nola ist eine erfolglose Schauspielerin, die sich schlimmeres vorstellen kann, als in den britischen Adel einzuheiraten. Chris entstammt einer irischen Arbeiterfamilie, und auch für ihn wäre der soziale Aufstieg ein Sechser im Lotto. Doch ganz so einfach ist das natürlich nicht, immerhin haben auch die Eltern der Hewitts so ihre Vorstellungen von der Zukunft ihrer Kinder. Diese Konstellation entwickelt Woody Allen nun für ihn untypisch nicht etwa zur turbulenten Beziehungskomödie. Stattdessen gestaltet er daraus ein spannendes Drama um die Lieben, Lüste und Eitelkeiten seiner Hauptfiguren. Dass es dabei irgendwann zur Katastrophe kommen muss ist unausweichlich, und doch bleibt lange offen, welches Desaster das sonst so sorgenlose Leben der jungen Menschen heimsuchen wird.

Mit großem Interesse für alle Details blickt Allen seinen Figuren über die Schulter. Er führt uns vor, wie sich Chris an einen luxuriösen Lebensstil gewöhnt, ohne damit wirklich glücklich zu werden. Er stellt in vielen Einstellungen den immensen Reichtum der Hewitts vor, sowie deren ungezwungenen, selbstverständlichen Umgang damit. Und er führt die Handlung mindestens einen Schritt weiter, als die allermeisten Zuschauer es wohl erwarten würden. Wie üblich gibt es auch einige witzige Dialoge, die aber mit dem Humor seiner neurotischen New Yorker Singles sehr wenig zu tun haben. Gerade die Tatsache, dass sich der inzwischen Siebzigjährige auf fremdem Territorium so schlafwandlerisch zurechtfindet ist selbst für langjährige Freunde seines Schaffens eine positive Überraschung.

Ein Schlüssel für den Erfolg des Films auf der ganzen Linie ist die Besetzung der Hauptrollen. Allen voran Jonathan Rhys-Meyers gelingt es glänzend, einen nur mäßig sympathischen und doch charmanten Aufsteiger zu verkörpern, der trotz seiner Schwächen das Publikum auf seine Seite ziehen kann. Auch Scarlett Johansson leistet hervorragende Arbeit, ihre Nola ist ebenfalls ein ambivalente Figur, der sie mit vielen Nuancen Glaubwürdigkeit verleiht. Selbiges gilt für die Darsteller der Hewitts, die ihre Parts auf fast lässige Weise brillant interpretieren. Über den genauen Verlauf der Handlung und somit die Intentionen und Aussagen von Woody Allen ließe sich lange und ausführlich eingehen, jedoch nicht ohne dem werten Leser die Spannung zu rauben, die diesen Film zu einem der besten des letzten Jahres macht. Und das kann es ja auch nicht sein, gelle?

10/10

PS: Woody mag seinen Fim auch ganz gerne..