Wo die Liebe hinfällt

Vor einer cineastischen Ewigkeit verführte eine gewisse Mrs. Robinson den jungen Benjamin Braddock, der sich dann aber letztlich doch lieber mit deren Tochter aus dem Staub machte. Die Rede ist natürlich von der „Reifeprüfung“. Diese Geschichte führt Regisseur Rob Reiner (Harry & Sally) nun weiter. Allerdings, so erfahren wir bereits im Vorspann, ging in dem Film nicht alles mit rechten Dingen zu. In der wahren Geschichte, die als Vorlage diente, gab es am Ende sehr wohl eine Hochzeit, die eben nicht von Benjamin Braddock verhindert wurde. Was ist also aus den Beteiligten geworden?Im Jahre 1997 macht sich Sarah Huttinger (Jennifer Aniston) auf zur Hochzeit ihrer Schwester in Pasadena, dem Schauplatz des damaligen Geschehens. Sarahs Mutter ist früh verstorben, seitdem hat sie die emotionale Bindung zu ihrer Sippschaft ein wenig verloren. Gemeinsam mit ihrem Verlobten Jeff (Mark Ruffalo) möchte sie die Feierlichkeit möglichst schnell hinter sich bringen. Doch dann erfährt sie, dass ihre Mutter eine Woche vor der Hochzeit für einige Tage verschwunden war. Die Verbindung zur „Reifeprüfung“ wird dann hergestellt durch die männermordende Ader ihrer aufgetakelten Großmutter Katharine, wundervoll verkörpert von Shirley MacLaine. Was also, wenn ihre Familie die Vorlage des alten Streifens wäre? Als Sarah dazu feststellt, dass sie ziemlich genau neun Monate nach der Hochzeit ihrer Eltern zur Welt kam, ist sie fest überzeugt, die Tochter des einst von Dustin Hoffman dargestellten Jünglings zu sein. In Beau Burroughs macht sie wiederum dessen reales Vorbild aus.

Statt mit ihrem sympathischen Verlobten zurück nach New York zu fliegen geht sie der Sache nach und trifft jenen Beau Burroughs, gespielt von Kevin Costner, in Persona. Der ist inzwischen Multimillionär und lebt ein aufregendes Leben zwischen Wohltätigkeitsbällen und romantischen Strandhäusern, an dem er die verstörte Sarah bereitwillig teilhaben lässt. Natürlich hat die Geschichte noch ein paar andere Verwicklungen und Missverständnisse parat, die zumeist zum Unterhaltungswert beitragen. Es ist vor allem die erste Stunde des Films, die richtig Laune macht. Jennifer Aniston mag keine große Charakter-Mimin sein, doch eine Rolle wie diese ist wie für sie gemacht. Leidend, grimassierend und himmelhochjauchzend trägt sie den Film auf ihren Schultern. Für diese Rolle ist sie die ideale Besetzung, ist sie doch seit „Friends“ festgelegt auf einen kumpelhaften, leicht neurotischen Typ, dem man einfach nichts krumm nehmen kann. Wer Aniston jedoch nicht mag, kann getrost zuhause bleiben.

Kevin Costner und Shirley MacLaine sind ebenfalls in bester Spiellaune und füllen ihre Figuren mit ausreichend Leben aus. Den vermeintlichen Ballast, Rollen anderer Schauspieler (Anne Bancroft, Dustin Hoffman) weiterspielen zu müssen merkt man ihnen nicht im Geringsten an. Mit bestens geschriebenen Dialogen und einer dem Geschehen durchaus angemessenen, etwas chaotischen Inszenierung läuft „Wo die Liebe hinfällt“ dem Ende entgegen, das jedoch freilich allzu konventionell ausgefallen ist. Ein wenig überzeugender Panikanfall der kleinen Schwester Annie und ein letztes Treffen einiger Beteiligter bereiten den Boden vor für die unausweichliche Hochzeit am Ende. Mark Ruffalo scheint für diesen Part geboren, kam er auf ähnlich filmreife Weise doch schon in Dreißig über Nacht und Flightgirls unter die Haube. Wo die Liebe hinfällt.. setzt seine besten Treffer eher im komischen denn im romantischen Bereich, weshalb sein zuckriges Ende zwar nicht vollends enttäuscht, aber auch nicht so recht zum reizvollen Beginn und Mittelteil passen will.

7/10