Eines steht ja mal fest: wenn die Academy Philip Seymour Hoffman in der Nacht zum Sonntag einen Oscar verleihen sollte, dann geschähe das völlig zu recht. Seine Darstellung des exaltierten, sensiblen Schriftstellers Truman Capote geht wahrhaftig unter die Haut. Und auch ganz schön auf die Ohren, denn offenbar sprach Capote mit einer hohen, nasalen und weinerlichen Stimme. Bis man sich an die gewöhnt hat, ist locker eine halbe Stunde vergangen. Über die Titelfigur des Films von Bennett Miller war mir vor dem Film wenig bekannt, ein bißchen mehr Vorwissen hätte das Vergnügen sicher nicht geschmälert.Die Handlung des Films setzt 1959 ein. Capote ist bereits ein bekannter Schriftsteller und eine schillernde Persönlichkeit. Ein Zeitungsartikel über den Mord an einer vierköpfigen Familie im Mittleren Westen weckt sein Interesse, und so fährt er an der Seite seiner Kollegin Harper Lee (Catherine Keener) in die Kleinstadt Halcomb in Kansas. Sein Plan ist es zunächst, einen Artikel für den „New Yorker“ zu verfassen. Kaum ist er in dem vom Verbrechen geschockten Ort angekommen, werden zwei junge Männer als Täter dingfest gemacht. Fasziniert vom grausamen Verbrechen und insbesondere einem der Täter, Perry Smith (Clifton Collins, Jr.), entschließt sich Capote, ein ganzes Buch über die Sache zu schreiben.
„Capote“ befasst sich ausschließlich mit den gut fünf Jahren im Leben seines Helden, in denen er an „In Cold Blood“ arbeitete, und ist somit keine im Ansatz vollständige Filmbiographie. Der Entstehung des Buches beizuwohnen, ebenso den Gesprächen mit den inzwischen inhaftierten und zum Tode verurteilten Killern, ist eine äußerst spannende und psychologisch interessante Angelegenheit. Regisseur Bennett setzt dabei auf eine zurückhaltende Inszenierung, die sich eher durch Andeutungen als durch plakative Zurschaustellungen auszeichnet. Dies gilt vor allem für das besondere Verhältnis zwischen dem schwulen Schriftsteller und dem einsamen, verlorenen Killer Smith.
In vielerlei Hinsicht ähnelt der Film George Clooneys „Good Night, and Good Luck“. Ohne Sensationslust und Interesse an Polarisierungen erzählt er mit einer großartigenen Besetzung ein Kapitel jüngerer amerikanischer Geschichte. Beide Filme sowie ihre Hauptdarsteller sind für einen Oscar nominiert, wenngleich sie kommerziell in den USA nur mäßig erfolgreich waren. Und beide Filme konnten, zumindest bei mir persönlich, Interesse wecken. Im Falle von „Capote“ liegt der Fall sehr einfach: das Buch, dessen Entstehung und Inhalt hier das Thema sind, werde ich sicher lesen.
8/10