Junge Schriftsteller fristen, zumindest im Film, ihr Leben zumeist in einem heruntergekommen Hotelzimmer. Matt Dillon hauste vor kurzem in „Factotum“ so, ebenso „Barton Fink“ und nun auch der von Colin Farrell dargestellte Alfredo Bandini in „Ask the Dust“. Sein kleines Zimmer verlässt er stets durch das immer geöffnete Fenster zur Straße raus. Zu Beginn der Handlung erwägt Bandini, wie er seine letzten paar Cents stilvoll unters Volk bringen kann. Der Film spielt in den frühen dreißiger Jahren in Los Angeles, Regie führte Robert Towne, der mit seinem meisterlichen Drehbuch zu „Chinatown“ bewiesen hat, die Vergangenheit dieser Stadt präzise ausleuchten zu können. Die Romanvorlage stammt von John Fante und ist in Deutschland unter dem Titel „Ich -Arturo Bandini“ zu haben.Seine dürftige Barschaft gibt Bandini in einem kleinen Cafe für eine Tasse Kaffee aus. Sein großer Traum von Ruhm und Reichtum scheint geplatzt, er bringt trotz Aufmunterung eines berühmten Publizisten keine Zeile zu Papier. Da weckt die scharfzüngige mexikanische Kellnerin Camilla (Salma Hayek) seine Neugier, die ihm jedoch ein völlig inakzeptables Getränk vorsetzt. Obwohl ihre ersten Treffen vor allem dem Austausch von Gehässigkeiten dienen, entwickelt sich langsam eine Freundschaft zwischen den beiden einsamen Seelen. Doch so richtig scheinen sie nicht zueinander zu passen. Arturo sucht Inspiration und einen Zugang zur Außenwelt. Camilla dagegen sucht einen amerikanischen Ehemann, der ihr einen neuen, nicht-hispanischen Nachnamen, Wohlstand und Anerkennung bringen kann. Und wie Camilla früh bemerkt: „Was für ein Fortschritt wäre es von Camilla Lopez zu Camilla Bandini?“.
Colin Farrell und Salma Hayek schlagen sich sehr anständig durch diesen Film, wenngleich sie keine besondere Chemie entwickeln. Das könnte man aber auch durch die komplizierte Beziehung der Figuren erklären. Eigentlicher Star des Films sind die gelungene, melancholische Erzählung, die wunderbar komponierten Bilder vom Vorkriegs-Los Angeles und die beschwingte Musik, die der schwer verdaulichen Geschichte die nötige Leichtigkeit verleiht. Der latente Rassismus aus der Mitte der Gesellschaft (in der Zeit bevor man ohne die Latinos in LA keine Wahl gewinnen konnte) wird dabei thematisiert und beeinflusst das Leben der Charaktere in vielen Situationen. Doch im Vordergrund steht die Geschichte zweier Individuen, deren steinigen Weg der Film verfolgt. Es gibt nur wenige nennenswerte Nebenfiguren, u. a. Arturos versoffenen Zimmernachbarn, einen ehemaligen Liebhaber von Camilla sowie eine aus dem nichts auftauchende junge Frau, die Arturo mit ihrer direkten Art sichtlich Angst macht. Und eben diese Angst Arturos vor dem Unbekannten, verbunden mit der riesigen Neugier auf die Welt macht „Ask the Dust“ dem Zuschauer auf stilsichere Art und Weise anschaulich. Das ist sicher kein Grund, nach einem Haufen Oscars zu schreien. Aber als ernsthaftes Melodram ohne unverzeihliche Schwächen geht das locker durch.
7/10