World Trade Center (DVD)

Die Anschläge vom 11. September 2001 finden sich heute noch täglich in den Medien, in all den Berichten über die katastrophale Lage im Irak oder über die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Kein Ereignis hat dieses noch junge Jahrtausend mehr geprägt, und es es war nur eine Frage der Zeit bis die Anschläge auch im US-Kino thematisiert werden. Den Anfang machte im Frühjahr 2006 Paul Greengrass mit seinem dokumentarisch angehauchten Film über den verlorenen Flug „United 93“, nun erscheint Oliver Stones Auseinandersetzung mit den Ereignissen (Kinostart war im Herbst letzten Jahres) auf DVD. Stone ist bekannt dafür, dass die Meinungen über seine Filme auseinander gehen. Mit „JFK“ oder „Natural Born Killers“ schuf er kontrovers diskutierte Filme, nachdem er sich mit „Platoon“ und „Wall Street“ bei Kritik und Publikum einen Namen gemacht hatte. In „World Trade Center“ nimmt er sich nun der Selbstmordanschläge des 11. Septembers an, wobei er im Wesentlichen die auf Tatsachen basierende Geschichte zweier Polizisten erzählt. Die Officers Jimeno und McLoughlin (Michael Pena und Nicolas Cage) werden zur Unglücksstelle beordert, nachdem der erste Turm von einem Passagierflugzeug getroffen wurde. Es gibt keinen genauen Plan, keine vorgeschriebene Vorgehensweise bei einer solchen Situation, und auch unter den Beamten herrscht vor allem Fassungslosigkeit und Unglauben. Sie besorgen sich Sauerstoffflaschen und Rettungswerkzeuge, um Menschen im Gebäude zu evakuieren, doch bevor sie überhaupt loslegen können, stürzen die Türme über ihnen zusammen.

Von diesem Moment an teilt sich „WTC“ in zwei Teile auf. Zum einen zeigt er die schwer verletzten Verschütteten, die sich in dem finsteren Trümmerhaufen Mut zusprechen, parallel begleitet der Film die Frauen und Familien der beiden. Sie kämpfen mit der quälenden Unsicherheit über den Verbleib der Polizisten, immer am Rande der Verzweiflung, ohne dabei die Hoffnung aufzugeben.

Der Zeitrahmen des Films ist nicht umsonst sehr eng gehalten. Noch bevor erste politische Konsequenzen zum Thema werden, ist die Handlung wieder vorbei, und so enthält sich der Film (wie schon „United 93“) politischen Kommentaren oder Erklärungsversuchen. Es geht hier nicht um die Tragweite der Anschläge, sondern um ihre Wirkung im speziellen, das Leid der Opfer und die Sinnlosigkeit der Tat. Nur in der Figur des Militär-Reservisten Karnes (Michael Shannon) ist ein Hauch von zukünftigen Geschehnissen zu finden, denn der stellt gegen Ende fest: „I don’t think you guys realize this but this country is now at war.“.

Oliver Stone hat mit aller Gewalt einen Film über Heldenmut und Hoffnung gemacht, über Männer, die der Katastrophe ins Auge sahen und sich der Herausforderung trotzig stellten. So pathetisch wie dieser letzte Satz ist dementsprechend auch sein Film geworden. Immerhin ohne ein Hohelied auf die USA zu singen oder das Publikum mit Flaggen zu penetrieren widmet er sich ganz dem Heldentum unterbezahlter Polizisten. Das ist durchaus legitim, denn auch diese Seite der Anschläge, der Zusammenhalt der Bevölkerung und die große Solidarität, verdient es, Beachtung zu finden. So ist „WTC“ ein handwerklich einwandfreier Film, der dem Publikum die Ereignisse noch einmal unter streng persönlichen Gesichtspunkten vor Augen führt, ohne sie dabei unter die sprichwörtliche Nase zu reiben.

Doch wie schon für „United 93“ gilt auch für Stones Film, dass er nur für wenige hiesige Kinogänger interessant ist. Angesichts der politischen Großwetterlage erwarten viele wohl eher eine kritische Auseinandersetzung mit der Instrumentalisierung der Anschläge, ihren weitreichenden Konsequenzen, etc.. Allerdings kann man dem Amerikaner Stone und seinem US-Studio sicher nicht vorwerfen, einen so persönlichen Film darüber zu drehen, wie gerade eine so feige Bluttat das Edelste im Menschen zutage fördert. Gemessen an dem, was der Film sein will, ist er durchaus erfolgreich. Das Publikum in den USA hat ihn wohlwollend aufgenommen und für ein Kino-Einspielergebnis von 70 Mio. Dollar gesorgt, einen Nerv scheint Stone also getroffen zu haben. Aber vergessen wir nicht, dass sein Kollege Michael Moore mit seiner äußerst kritischen Dokumentation „Fahrenheit 9/11“ vor gut zwei Jahren beinahe die doppelte Summe einspielte.

6/10