Al Gore hat im Jahr 2000 nicht irgendeine Wahl verloren, sondern die skandalträchtigste und umstrittenste Präsidentschaftswahl in der Geschichte der USA. Genau genommen hat er sie gar nicht verloren, aber dieses Fass will ich hier lieber nicht aufmachen. Fakt ist, daß Gore sich seitdem mit einem Thema beschäftigt hat, das ihm offenbar schon immer sehr wichtig war – dem Klimaschutz. In Davis Guggenheims Dokumentation „Eine unbequeme Wahrheit“ legt er seine gesammelten Ergebnisse vor. Der Film ist ein einziger Appell an gewöhnliche Menschen und Politiker gleichermaßen, dem Problem endlich ins Auge zu sehen und – viel wichtiger – zu handeln.Den Rahmen des Films bildet ein Vortrag Al Gores, der seinem Publikum via Power-Point-Präsentation ein paar gängige Fakten näherbringt. Er erklärt, wie die globale Erwärmung entsteht und wie sie sich auswirkt. Dabei dienen ihm Bilder von Gletschern rund um den Globus ebenso als Beispiele wie die gestiegene Zahl von Tornados in den USA. Gore ist ein guter Redner, er streut einige Witze ein und vermeidet allzu komplizierte Sätze. Natürlich betreibt er mit diesem Film auch Werbung in eigener Sache, insofern dass Kritik an von ihm mitgetragener Politik ebenso fehlt wie Äußerungen von sogenannten Kritikern der vorgetragenen Thesen. „An Inconvenient Truth“ (Originaltitel) ist eine große Al-Gore-Show. Der großen Argumentationskraft des Films tut das jedoch keinen Abbruch.
Ein großer Teil der Fakten und Zusammenhänge, die den Zuschauern vermittelt werden, sind eigentlich hinlänglich bekannt. So unterhaltsam mithilfe neuester Technik aufbereitet sind sie aber wohl noch nie unters Volk gebracht worden, was sicher zum Erfolg des Films und seines Anliegens beitragen dürfte. Auch einige politische Themen schneidet Gore an, etwa das Kyoto-Protokoll, welches die unterzeichnenden Staaten zur Reduzierung ihrer CO2-Emissionen verpflichtet (die USA ist nicht darunter), oder die wachsende Bereitschaft von Bundestaaten und Städten, auf eigene Faust strengere Gesetze zu verabschieden, weil sich die Regierung in Washington nicht rühren mag.
Man muss Al Gore nicht mögen, um seine „unbequeme Wahrheit“ zu verstehen. Bei aller Selbstdarstellung des Ex-Vizepräsidenten steht das Anliegen, die Menschen aufzuklären und zum Umdenken zu bewegen immer im Vordergrund. Die angestellten Vergleiche und auch die gezeigten, teilweise erbärmlichen Versuche von Lobbyisten, die Sache klein zu reden, verfehlen ihre Wirkung nicht. Die Argumentation ist von zwingender Logik, und soweit mir bekannt ist, konnte bis heute niemand von Gore eine Gegendarstellung verlangen, oder seinen Film erfolgreich in dem Schmutz ziehen. Ein sicheres Indiz dafür, dass der immer etwas steif wirkende Politiker mit dem Image eines Strebers wirklich recht hat. Wer nicht versteht, warum das keine gute Sache ist, der hat ihm nicht richtig zugehört.
9/10