Seit über einem Jahr habe ich mich auf diese Verfilmung von James Ellroys gleichnamigen Roman gefreut. Brian DePalma, Regisseur von Gangsterstreifen wie „Scarface“ und „The Untouchables“, schien keine schlechte Wahl für den Stoff, und auch die Besetzungsliste las sich von vornherein verheißungsvoll. Nun, da ich grade aus dem Kino komme, bin ich zufrieden aber nicht begeistert. „The Black Dahlia“ ist ein guter Film geworden, mit allerhand Schwächen zwar, aber doch deutlich über dem Durchschnitt. Gleichzeitig bin ich etwas enttäuscht, denn der Film offenbart an einigen Stellen, daß er mehr hätte werden können als er ist.Der Anfang ist vielversprechend. Schauplatz ist Los Angeles, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Cops und Ex-Boxer Bucky Bleichert (Josh Hartnett) und Lee Blanchard (Aaron Eckhart) sollen in einem Schaukampf Werbung für die Polizei betreiben. Die beiden werden dabei Freunde und Partner und bilden gemeinsam mit Blanchards Freundin Kay (Scarlett Johansson) bald eine verschworene Gemeinschaft. Ein von Bleichert/Hartnett mit Fatalismus in der Stimme gesprochener Off-Kommentar führt die Zuschauer weiter in die Welt der Hauptfiguren ein. Am selben Tag, an dem Lee seinem Partner bei einer Schießerei das Leben rettet, macht die Polizei einen grausamen Fund. Die zweigeteilte, grausam entstellte Leiche einer jungen Frau wird aufgefunden. Der Fall erregt viel Aufsehen, Bucky und Lee werden einem Spezialteam zugeteilt, das den oder die Mörder ausfindig machen soll.
Von nun an wird die Sache kompliziert. Dunkle Gestalten aus Lees Vergangenheit tauchen plötzlich wieder auf, während die beiden (jeder auf seine eigene Faust) verzweifelt versuchen dem Mörder auf die Spur zu kommen. Bucky sucht in der Unterwelt nach Spuren und stösst dabei auf Madeleine (Hilary Swank), eine Tochter aus reichem Hause, die dem Opfer sehr ähnlich sieht. Lee scheint geradezu besessen Akten zu wälzen und entfernt sich darüber von seiner genervten Freundin Kay.
Vom Visuellen her ist „The Black Dahlia“ ein erstklassiges Vergnügen und über jeden Zweifel erhaben. Kostüme, Ausstattung und Produktionsdesign lassen absolut nichts zu wünschen übrig, dazu kommen einige wunderbare Kamerafahrten. DePalma ist bekannt für seine hervorragend komponierten Szenen drastischer Gewalt, und er lässt sich auch diesmal nicht lange bitten. Gleichzeitig hat sein Film jedoch einige Schwächen in der Erzählung selbst und auch bei der Darstellung. Die Ursache hierfür liegt im der Vorlage begründet. Stil, Dialoge und Stimmung sind ungleich wichtiger als der Plot, der in seiner übertriebenen Grausamkeit nur ein Spiegel der verkommenen Gesellschaft darstellt, die der Roman portraitiert.
Dies gilt auch für die Leinwandversion des Stoffes, die wegen der wenig zielstrebigen, konfusen Story allerdings ungleich mehr Schaden nimmt. Es scheint hier und da der Faden verloren zu gehen. Dazu kommen einige sehr dürftig geschriebene und gespielte Szenen, in denen die Schauspieler nicht in der Lage sind, ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren und stattdessen zu Marionetten werden. In anderen Szenen, wie etwa dem Dinner von Bucky am Tisch von Madeleines Familie, wird dagegen das Potential deutlich, welches der Film dann jedoch zu selten ausschöpft.
Ein paar kleinere Veränderungen im Vergleich zur Vorlage hat DePalma zwar vorgenommen, ihrem verruchten, zynischen Geist bleibt er jedoch weitgehend treu. Aufgrund der genannten Schwächen gelingt es ihm aber nicht, seine Charaktere (insbesondere die beiden Cops) ernsthaft zu entwickeln und so Verständnis für ihre Obsession mit dem Mord zu wecken. Die gerade wegen ihrer Abgründigkeit so schwer darzustellenden Beziehungen zwischen Lee, Madeleine, Bucky und Kay können der (immerhin sehr) stylischen Oberflächlichkeit nicht entkommen.
Viele Stimmen werden behaupten, dass Curtis Hansons „L.A. Confidential“ die bessere Ellroy-Verfilmung ist – und sie haben recht. Sein Film bezieht das Publikum auf emotionaler Ebene weitaus besser ein, wartet mit prägnanteren Figuren und einer eingängigeren Story auf. Dass der Film dabei den wichtigsten Handlungsstrang des Romans einfach weglässt ist die Kehrseite der Medaille. „LA Confidential“ ist ein besserer, weil eigenständigerer Film. Die werkgetreuere Verfilmung hat Brian DePalma mit „The Black Dahlia“ geschaffen, und mir als Fan der Bücher bleibt nur zu hoffen, dass sich zu meinen Lebzeiten jemand findet, der mit Verfilmungen von „White Jazz“ oder „The Big Nowhere“ beide Filme zu übertrumpfen vermag.
7/10