Dieser erste von zwei Filmen, in denen sich Clint Eastwood mit der Schlacht um die winzige Pazifikinsel Iwo Jima beschäftigt, zeigt uns die die amerikanische Perspektive des Geschehens. Für die USA war die Insel das Einfallstor zum japanischen Festland, das man von dort aus mit Bombern erreichen und angreifen konnte. So sehen wir auf der Leinwand zunächst die gigantische Flotte von Kriegs- und Versorgungsschiffen, sowie – „Saving Private Ryan“ lässt grüßen – amphibischen Landungsbooten. Unter den mehreren zehntausend Mann starken Streitkräften befinden sich auch die drei Hauptfiguren des Films, Bradley (Ryan Phillippe), Hayes (Adam Beach) und Gagnon (Jesse Bradford).
Warum ihr Werdegang ein ganz besonderer ist zeigt Eastwood schon in den ersten Minuten. Die drei gehörten zu den Männern, die auf dem berühmt gewordenen Foto nach dem Erstürmen des Gipfels die US-Flagge aufziehen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Weil ein hoher Militär nach wenigen Minuten befiehlt, ihm die Flagge zu bringen und eine neue aufzuziehen macht sich – nach kurzen Gefechten auf dem Hügel – erneut eine Gruppe ans Werk, und erst zu dieser zweiten Gruppe gehören nun auch Bradley, Hayes und Gagnon. Weil für solche Feinheiten in der Führungsriege der Armee keine Zeit ist werden die drei kurz darauf als Kriegshelden an die Heimatfront geschickt.Dort müssen sie in jeder Großstadt von ihrer Heldentat erzählen und sie sogar vor tausenden von Leuten nachspielen. Die Wahrheit darüber, wer auf dem Bild wirklich zu sehen ist gerät vollends in den Hintergrund. Bradley und seine Kameraden werben für dringend benötigte Kriegsanleihen, damit der Kiregsmaschinerie nicht im Endspurt die Puste ausgeht. Ein jämmerliches Schauspiel ist das, womit die drei Männer ganz unterschiedlich umgehen. Der Indianer Hayes leidet am meisten an der Farce und kann sie nur im Vollrausch durchstehen. Sanitäter Bradley ist ebenfalls nicht wohl in seiner Haut, Gagnon hingegen genießt die Verehrung der Bevölkerung.
Diese Propaganda-Reise wird immer wieder durch Rückblenden unterbrochen, die den weiteren Verlauf der Gefechte zeigen. Durch eine zusätzliche Rahmenhandlung, in der in einigen quasi-dokumentarischen Szenen der Autor der Buchvorlage auftritt, betonen den auf wahren Begebenheiten ruhenden Charakter der Geschichte. Bei der Darstellung der Gewalt ist Eastwood nicht zimperlich. Nicht nur bei dem eindrucksvollen Angriff zu Beginn, auch in späteren Szenen erspart er dem Publikum den Anblick grausam zugerichteter Gefallener nicht. In einer gelungenen Szene, in der das Publikum bereits weiss, dass die Soldaten in einen Hinterhalt laufen, wird überdeutlich, wie sehr das Überleben im Krieg einem Glücksspiel gleicht.
Durch die nebeneinander gestellten Bilder von militärischer Front und dem Leben in der Heimat verdeutlicht Clint Eastwood, dass die innere Natur des Krieges nur diejenigen kennen, die selber gekämpft haben. Der Kontrast zwischen den beiden gezeigten Welten erinnert an eine Szene in Wolfgang Petersens „Das Boot“, in der die ausgezehrte U-Boot-Besatzung bei einem militärischen Sekt-Empfang grotesk fehl am Platze scheint.
Über die strategischen Hintergründe der Schlacht erfährt man im Film nur das Nötigste. Im Vordergrund stehen die Gefechte auf Iwo Jima und der Kampf um die unbedingte Unterstützung der Bevölkerung, in dem das berühmte Foto die tragende Rolle spielt. Die von einigen vieleicht befürchtete Überdosis amerikanischen Patriotismus sucht man weitgehend vergebens. Die Darstellung der Japaner hat mit stereotypen Bösewichtern wenig zu tun. Sie sind schlichtweg die Gegner in einem von beiden Seiten mit grausamen Methoden geführten Kampf.
Gegen Ende gerät „Flags of Our Fathers“ ein wenig zu sehr ins Sinnieren darüber, welche Wirkung der Krieg auf die Soldaten und ihre Schicksale gehabt hat und zieht sich etwas hin. Zudem wäre dies auch nicht wirklich nötig gewesen, da der Film in vielen ausgezeichneten Szenen genau das bereits treffend transportiert. Der Gesamteindruck bleibt davon jedoch recht unberührt, der Film überzeugt als genaues, kritisches und exzellent gespieltes Kriegsdrama. Man darf nun gespannt sein, was Eastwood mit seinem im Februar startenden Film „Letters from Iwo Jima“, der die Geschichte aus japanischer Sicht erzählt, diesem Eindruck noch hinzuzufügen hat.
8/10