Es mag daran liegen, dass ich zuletzt zuviele (Möchtegern)-Blockbuster mit beknackten Stories gesehen habe, aber ich halte „State of Play“ für einen der bisher besten Filme des Jahres. Der Film von Regisseur KevinMacDonald („Last King of Scotland“) ist ein packender, spannender und in sich schlüssiger Thriller. Er behandelt eine Vielzahl von Themen, wird den allermeisten gerecht, UND hat darüber hinaus glaubwürdige Figuren im Gepäck. Ich habe mir von dem Film nicht sonderlich viel erhofft, bin aber wirklich angenehm überrascht worden.
Überraschung Nr.1: Russel Crowe, der Last-Minute-Ersatz für Brad Pitt (siehe Interview hier), spielt groß auf. Ein Schauspieler von seinem Format könnte die Rolle eines engagierten Journalisten im Schlaf spielen. Aber Crowe hat offenbar wirklich Bock auf die Rolle gehabt, geht darin auf und verschafft seiner Figur eine echte Persönlichkeit. Davon profitiert natürlich der ganze Film und auch Crowes Kollegen, allen voran Rachel McAdams und Ben Affleck.
Überraschung Nr.2: Die Story von „State of Play“ hätte leicht in Hollywood-typisches Nonsens-Territorium abgleiten können. Doch trotz zahlreicher Twists bleibt das Geschehen plausibel. Überraschungen sind natürlich enthalten, aber der Film hat am Ende nicht vergessen, was er dem Publikum am Anfang erzählt hat. Es gibt auch keine ominöse, regierungsnahe Geheimorganisation, der man den schwarzen Peter zuschiebt. Die Story, dass muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, funktioniert. Ohne Anti-Materie und Giftmord…
Hier ist ein Polit-Krimi, der eindeutig im Hier und Jetzt spielt, aber nicht auf konkreten Tatsachen basiert. Die Themen sind breit gefächert: politische Korruption, modernes Söldnertum im Auftrag der Regierung (siehe die reale Firma Blackwater), der drohende Ruin der Printmedien, zwei scheinbar sinnlose Morde und der Kampf zweier Männer um eine Frau. Keine Einblendung will dem Publikum weissmachen, dass die Story real wäre. Der Film spricht ein Publikum an, das weiss, dass die Story realistisch ist.
Der Film beginnt mit drei Todesfällen. Nur einer davon macht zunächst Schlagzeilen, der von Sonia Baker. Baker war Assistentin des Kongressabgeordneten Collins (Affleck) und betrieb für einen Ausschuss Recherchen hinsichtlich des Geschäftsgebaren der Söldnerfirma PointCorp. Sie war außerdem Collins‘ Geliebte, was für die Presse natürlich ein gefundenes Fressen ist. Weniger begeistert ist Collins Frau (Robin Wright Penn) von der ganzen Angelegenheit. Für den fiktiven „Washington Globe“ ist Cal McAffrey (Crowe) an der Story dran, der mit Collins und dessen Frau seit College-Zeiten befreundet ist. Wem soll McAffrey jetzt Loyalität beweisen, seinem Freund oder der Auflage seiner Zeitung?
Ebenfalls mit im Boot ist Rachel McAdams als Vorzeige-Bloggerin der Zeitung und damit Verkörperung der modernen (vorgeblich auf „Meinungen“ basierenden) Web-Medien, die aus ihrer (eigentlich undankbaren) Rolle das beste rausholt. „State of Play“ thematisiert ganz bewusst den andauernden Niedergang der Printmedien und beruft sich auf journalistischen Ethos und Traditionen. Der ganz große Wurf im politischen Journalismus, so in etwa lautet die Message, ist eben doch den hartnäckigen Profis vorbehalten. Zum Glück des Films lässt er aber auch anklingen, dass es essentiell um Insiderwissen und die besten Beziehungen in alle beteiligten Kreise geht.
Von der Inszenierung her ist „State of Play“ ein Zwitterwesen. Auf große Action wird verzichtet, ein wichtiger Todesfall findet abseits der Kamera statt. Schnitt und Musik wiederum geben mächtig Gas und schlagen ein flottes Tempo ein. Ruhepausen gönnt man sich selten, und nie ohne doch wieder in Fahrt zu kommen. Und genau das macht den Film aus, weil er bei hohem Tempo doch nie ins Stolpern gerät, nie den Faden verliert und am Ende immer noch zu überraschen vermag. „State of Play“ hat durchaus seine Schwachstellen, insgesamt aber ist er ein wunderbares Beispiel dafür, dass unterhaltsames Kino nicht dumm, und anspruchsvolle Unterhaltung nicht langweilig sein muss. Hut ab!
4/5
4 Kommentare
Kommentare sind geschlossen.