Die Coen-Brüder drehen bekanntlich alle Arten von Filmen, nur keine langweiligen. Nach ihrem düsteren Oscar-Gewinner „No Country for Old Men“ und dem heiter-beknackten „Burn After Reading“ kommt dieser Tage mit „A Serious Man“ ihr neuestes, erstaunlich ernsthaftes und persönliches Werk in unsere Kinos. Die Story spielt im mittleren Westen der USA Ende der 60er (als die Brüder eben dort lebten und Teenager waren). Im Mittelpunkt steht der Mathe-Professor Larry (Michael Stuhlbarg), dessen Welt im Laufe des Films immer weiter aus den Fugen gerät…
Seine Frau Judith erklärt dem verdutzten Larry, dass sie die Scheidung will um mit Sy Ableman, einem Freund Larrys aus der Nachbarschaft, zusammen zu sein. Seine Beförderung an der Uni gerät wegen anonymer Schmähbriefe in Gefahr. Sein Hausarzt bittet permanent um Rückruf. Sein älterer, bei ihm gestrandeter Bruder gerät dauernd in Schwierigkeiten mit dem Gesetz. Ein Student will ihn zwecks einer besseren Note erpressen. Seine Kinder haben ständig was zu meckern. Und ständig ruft im Büro jemand vom ‚Columbia Record Club‘ an, von dem Larry noch nie was gehört hat.
Anders als in vielen ihrer Filme arbeiten die Coens hier nicht mit einem bekannten Ensemble von Schauspielern, sondern mit weitestgehend unbekannten Gesichtern. Die vielen neuen Gesichter ergeben in der Summe einen dann schon wieder Coen-typischen Mikrokosmos. Wie eingangs erwähnt ist der Ton relativ ernst, aber keineswegs im Stile eines klassischen Dramas. Ein herrlich lakonischer Humor zieht sich durch den Plot und die Dialoge, übernimmt aber nie völlig das Kommando.
Hauptdarsteller Michael Stuhlbarg spielt Larry als einen netten, wohlwollenden und intelligenten Menschen, dessen gemütliches Leben förmlich implodiert. Der Humor von „A Serious Man“ steckt dabei vor allem darin, dass scheinbar niemand (vor allem nicht die Rabbis) ihn zu verstehen scheint. Verzweifelt bemüht sich Larry, seiner Lage Herr zu werden, doch das Schicksal – oder doch Gott? – hat andere Pläne mit ihm. Eine geheimnisvolle Kraft treibt da ihr Spielchen mit ihm, was der Film wunderbar akzentuiert, wenn er Larry vor den monströsen mathematischen Tafel-Schaubildern seiner Vorlesung zeigt.
Von dem Vorspann in einem osteuropäischen ‚Schtetl‘ bis zum Ende zieht „A Serious Man“ das Publikum in seinen Bann. Vorrausgesetzt, man geht nicht ins Kino und erwartet einen zweiten „Lebowski“ von den Coens. Wie fast immer haben sie großartige Figuren erschaffen (mein Favorit ist Witwer und Allesversteher Sy Abelman), denen erstaunliche und witzige Dinge widerfahren. Nach dem „Visitor“ und „Dr. Parnassus“ ist „A Serious Man“ bereits der dritte wirklich sehenswerte Film des Jahres – ich hoffe inständig, dass es so weitergehen möge!
4/5
PS: In diesem Interview mit SpiegelOnline stehen Joel und Ethan Coen Rede und Antwort zu den oft getätigten Vergleichen ihrer Hauptfigur mit dem biblischen Hiob, ihren persönlichen Bezügen zum Film und zu ihren Figuren im Allgemeinen…
Hi Edzard, bei http://www.moviepilot.de/coen-brueder kann man einen Test machen – check it out – total lustig! VG