Klein, aber fein. So könnte man dieses Krimi-Drama von Regisseur John Polson wohl bezeichnen. Bereits anno 2006 gedreht findet „Tenderness“ nun den Weg nach Deutschland, und landet dort direkt im DVD-Regal. Was deshalb verwunderlich ist, weil Russell Crowe eine der Hauptrollen spielt, und dessen Filme gewöhnlich im Kino laufen. Mit bescheidenem Budget gedreht und basierend auf einer Romanvorlage von Robert Cormier erzählt der Film die Geschichte des 18-jährigen Mörders Eric, der in New York (nicht New York City) aus der Haft entlassen wird.
Detective Cristofuoro (Crowe mit Popelbremse) glaubt nicht daran, dass Eric wirklich rehabilitiert ist. Er verdächtigt ihn, schon sehr bald rückfällig zu werden. Während das Publikum in Rückblenden peu-a-peu erfährt, was sich ein paar Jahre zuvor zugetragen hat macht sich Eric mit dem Auto auf den Weg nach Albany, um sich Colleges anzusehen – hat aber noch eine andere Agenda auf seiner Reise. Dabei hat er ungewollte Begleitung in Person der 15-jährigen Lori, die sich in den Kofferraum seines Volvo geschlichen hat.
Im Mittelpunkt des Films steht die Beziehung zwischen Eric und Lori, die Eric bald eröffnet dass sie ihn von früher kennt. Was genau sie sich eigentlich von Eric erwartet bleibt lange genauso rätselhaft wie dessen Reaktion auf ihre aufgezungene Gesellschaft. Es ist vor allem den Schauspielern Jon Fonster und Sophie Traub zu verdanken, dass das Geschehen interessant ist und glaubwürdig bleibt. Die Ambivalenz des Drehbuchs bezüglich den wahren Fakten und Motiven ist dabei nicht etwa störend, sondern verleiht der Geschichte Spannung und hebt sie von den unzähligen langweiligen Serienkillerfilmen ab.
Russell Crowe hat in „Tenderness“ nicht sonderlich viel zu tun, seine Rolle ist vergleichsweise simpel. Fehl am Platze ist er trotzdem nicht, und seine Präsenz und Bekanntheit werden dem Film sicher auch nicht schaden. Als illusionsloser und einsamer Polizist auf persönlichem Kreuzzug liefert er eine solide Performance ab.
In der ruhigen, souverän inszenierten Erzählung gibt es wohl durchdachte Überraschungen, die der Story nicht in den Rücken fallen und auch nicht die Intelligenz des Publikums beleidigen. Das macht „Tenderness“ nicht zu einem Meisterwerk, aber zu einem gelungenen Independent-Drama das sich lohnt und im Gedächtnis bleibt (wer den Film mochte sollte sich unbedingt den britischen Film „Boy A“ ansehen, der eine ähnliche Thematik hat, aber ganz andere Wege geht).
4/5