Angesichts der Popularität der Figur Sherlock Holmes war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis Hollywood den Stoff mal wieder verfilmt. Denn obwohl mit Guy Ritchie ein Engländer Regie führt ist der Film ganz sicher eine US-Mainstream-Variante der Geschichte. Robert Downey, Jr. (ein Ami, aber auch ein großartiger Schauspieler, was die Briten besänftigen dürfte) spielt die Titelfigur, Jude Law leiht Kollege Dr. Watson sein charmantes Äußeres. Rachel McAdams („State of Play“) und Kelly Reilly („L’auberge espagnol“) spielen die einzigen nennenswerten Frauenrollen, von denen es in Ritchies Filmen traditionell nicht eben viele gibt.
Downey Jr. spielt Holmes als einen kauzigen, aber körperlich sehr agilen Mann. Wie ich hörte ist auch in den Vorlagen von einer Box-Vergangenheit die Rede (Danke, Malteser!), im kollektiven Gedächtnis aber dominierten (bisher) Pfeife, Scharfsinn und feiner Zwirn das Bild des Helden. Auch Watson hat ein kleines „Martial-Arts-Upgrade“ bekommen und weiss sich gegen brutale Halunken zur Wehr zu setzen. Allerdings will Watson – nach der spektakulären Festnahme von Lord Blackwood (Mark Strong) zu Beginn – das Detektivgeschäft eigentlich an den Nagel hängen und in den ruhigen Hafen der Ehe einlaufen. Holmes ist wenig erfreut und lässt seinen Partner das auch bei jeder Gelegenheit spüren…
„Sherlock Holmes“ anno 2010 ist eine Mischung aus Buddyfilm, Krimi und Action, wer irgendwas anderes erwartet (also den Trailer nicht gesehen hat), wird wohl enttäuscht werden. Tatsächlich macht der Film aber eine Menge Spaß, wenn man von kleineren Mängeln absieht. Die Geschichte nimmt schnell Fahrt auf, punktet mit witzigen Dialogen, gut gesetzten Überraschungselementen, und setzt auch oft genug Holmes‘ legendären Intellekt in Szene. Herausgefordert wird dieser vom bereits erwähnten Lord Blackwood, der nach seiner eigenen Hinrichtung andere Pläne hat als einfach nur tot zu sein…die Weltherrschaft sollte es schon sein!
Dass der Film nur bedingt spannend ist überrascht nicht wirklich, schließlich löst der gute Sherlock bekanntermaßen seine Fälle. Ein bißchen over-the-top ist das Geschehen zwar schon, trotzdem macht es meist Spaß, auch wenn die Action mal für 10 Minuten das Ruder übernimmt. Das Darsteller-Ensemble überzeugt, Downey Jr. und Law schaffen es, den bekannten Figuren ein paar unbekannte Züge zu geben, ohne nur noch Karikaturen der Vorbilder zu spielen. Weniger gelungen sind leider die Special-Effects sowie der generelle Look des Films. CGI dominiert die Leinwand, unscharf und dunkel präsentiert sich das London um 1900. Da wären ein paar mehr echte (und kostspielige) Sets doch besser gewesen, um ein paar der wunderbar erhaltenen alten Gebäude der Stadt ins rechte Licht zu setzen.
Popcorn-Kino mit ein wenig Anspruch, ein wenig Spannung, guten Schauspielern und ein paar schönen Bildern ist bei Guy Ritchies Version von „Sherlock Holmes“ herausgekommen. Die zwei Stunden Spielzeit vergehen bis auf wenige Längen äußerst schnell, und wirklich grobe Schnitzer vermeidet der Film auch. Angesichts des Endes wäre es nicht sonderlich kühn von mir würde ich vermuten, dass wir noch nicht das letzte Holmes-Abenteuer mit dieser Besetzung gesehen haben.
4/5
PS: [Für fortgeschrittene Leser] Gut, dass ich mein Punktesystem geändert habe. Ich hätte auf jeden Fall wieder eine 7/10 gegeben…
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