Die Oscars stehen demnächst an, und „Tödliches Kommando“ wird häufiger in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Ich habe den Film letzten Sommer in einer Sneak-Preview gesehen, aber keine Rezension geschrieben. Warum? Weiss ich auch nicht mehr genau. Der Film von Kathryn Bigelow („Strange Days“) ist ein Kriegsfilm, der den Alltag eines Bombeneinsatzkommandos im zweiten Irakkrieg zum Thema hat.
Das Team besteht aus drei Soldaten, hauptverantwortlich für die Einschätzung der Lage und das Entschärfen von Sprengsätzen ist Sergeant First Class William James (Jeremy Renner). James ist neu in der Gruppe, und seine unkonventionelle Art stösst bei seinen Kollegen auf wenig Verständnis. Zudem nähert sich das Datum, an dem ihre einjährige Einsatzzeit vorbei ist.
Die einzig nennenswerte Nebenhandlung zwischen den Einsätzen thematisiert James und einen kleinen irakischen Jungen, der mit gefälschten DVDs und anderen Schwarzmarktprodukten handelt. Hier geht es um die Frage des Verhältnisses zwischen Besatzern und Besetzten, um die Einstellung der Iraker zu den US-Soldaten, die allerdings kein aufschlussreiches Ende findet.
„The Hurt Locker“ (Originaltitel) ist kein schlechter Film. Die grausame Realität eines so unpersönlichen, modernen Krieges wie der „Operation Enduring Freedom“ (W. Bush-Talk für „endlose Besatzung unter heftigster Gegenwehr aus dem Untergrund“) wird detailliert und spannend rübergebracht, insbesondere die fehlende Verbindung der Soldaten zu ihrem Einsatzgebiet. Die Hitze, der Sand, die Sprach- und Kulturbarrieren sind immer spürbar, ebenso wie die permanente Gefahr – oder besser, die permanente Angst vor potentiellen Gefahren.
Rein inszenatorisch macht der Film nichts falsch. Er ist realistisch, dreckig und überzeugend, verheddert sich nicht in zu schnellen Schnitten, sondern vermittelt einen klaren Blick auf die Situation. „The Hurt Locker“ hat mich trotzdem nicht sehr beeindruckt, weil er seine quasi-dokumentarische Perspektive nie verlässt und keine Stellung bezieht. Einige Soldaten – so ungefähr die Message – verändern sich durch die Extremsituationen, in denen sie sich ständig befinden. Sie verlieren den Kontakt zu ihrem früheren Leben, zu Konsumrausch, netten Abenden mit ihrer Familie und dem stinknormalen Alltag. Andere versuchen einfach nur die Zeit zu überleben, um sie dann vergessen zu können.
Das alles ist sicher nah dran an der Wahrheit, ignoriert aber die politische Dimension eines Krieges. Die Bevölkerung der USA steht traditionell hinter den eigenen Truppen, auch dann, wenn der Krieg selbst nicht oder nicht mehr populär ist (ein Ausnahme war Vietnam). „The Hurt Locker“ passt wunderbar zu dieser Geisteshaltung, weswegen er auch keine Kritik aus den beiden großen politischen Lagern der USA einstecken musste. Die Inszenierung und die technische Perfektion des Films sind bemerkenswert. Der Geschichte aber fehlt es an Tiefe, an einer Dimension die über das rein Beschreibende hinaus geht. Deshalb würde ich Oscars für das „Beste Drehbuch“ oder gar den „Besten Film“ für Fehl am Platze halten.
3/5