Nachdem die Coen-Brüder Cormac McCarthys „No Country for Old Men“ in Oscar-gekröntes Kino verwandelt haben steht nun mit „The Road“ die nächste Verfilmung eines McCarthy-Romans an. Kein leichtes Unterfangen, denn das Buch erzählt eine extrem düstere Geschichte, die von der Stimmung und den Dialogen lebt – aber auch vieles der Fantasie des Lesers überlässt.
Mit John Hillcoat wurde ein fähiger Regisseur gefunden, der mit „The Preposition“ gezeigt hat, dass er von rauher Natur und düsteren Geschichten etwas versteht. Und düster ist der Stoff allemal. Ein Vater (Viggo Mortensen) wandert mit seinem Sohn (Kodi-Smit-McPhee) durch eine völlig verwüstete und verbrannte USA. Welche Katastrophe diese ewig graue, lebensfeindliche Umgebung, in der keine Sonne mehr zu sehen ist, verursacht hat, darüber ist im Buch nichts berichtet. Zum Zeitpunkt der Handlung ist sie auch schon mehrere Jahre her.
In kurzen Rückblenden zeigt „The Road“, wo die Mutter (Charlize Theron) der Familie abgeblieben ist. Für den Rest des Films sind die beiden mit sich und ihrer gefährlichen Umwelt alleine. Sie sind unterwegs nach Süden, in der Hoffnung auf eine letzte, warme Bastion der Menschheit. Außer den beiden haben nicht viele überlebt, einige davon sind zu wandernden Kannibalen geworden, vor denen sie ständig auf der Hut sein müssen.
Der emotionale Kern der Story ist die innige Beziehung zwischen Vater und Sohn, die bedingslos aufeinander angewiesen sind. Der Vater auf seinen Sohn als einzigen Grund, am Leben zu bleiben (einen Revolver mit zwei Kugeln trägt er mit sich), der Sohn auf seinen Vater als Versorger und Erzieher in einer trostlosen Wirklichkeit – der einzigen, die der Sohn je kennengelernt hat. Es gelingt dem Film durchaus, diese besondere Beziehung zu vermitteln, und in dem Szenario den richtigen Ton zu treffen. Doch fehlt im Vergleich zum Buch ein wenig von der ergreifenden Charakterisierung. Auch einige der besten Dialoge fehlen leider.
Visuell ist es Hillcoat und seinem Team sehr gut gelungen, die postapokalytische Umgebung zu präsentieren. Keine, oder zumindest nur wenige, CGI-Effekte kommen zum Einsatz, sondern echte Sets von verlassenen, heruntergekommenen Landschaften, in denen unter einer omnipräsenten Ascheschicht keine natürlichen Farben mehr durchscheinen. Auch der Ozean ist nicht mehr blau, er spült nur noch dunkelgraue Wellen an den verlassenen Strand.
„The Road“ ist keine leichte Kost, das Szenario ist konsequent zu Ende gedacht und zeigt dabei einige schmerzhaft-finstere Szenen. Bis auf wenige Ausnahmen bleibt der Film nah an der Vorlage, zum Glück auch, was das großartige Ende angeht. Ob man dem Ganzen etwas abgewinnen kann hängt allerdings von jedem Zuschauer selbst ab. Wer kein Faible für Gleichnis-artiges, poetisch-düsteres Kino hat sollte lieber zuhause bleiben. Da ich das Buch gelesen habe war ich mit der Story bereits vertraut, inwiefern sich ein anderer Eindruck ergibt, wenn man sie zum ersten Mal erlebt ist schwer zu sagen.
4/5
PS: Zwei Anmerkungen noch:
1. Der erste Trailer des Films erweckt den Eindruck, „The Road“ wäre eine Art Actionfilm. Nicht könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Die Szenen aus dem Trailer sind zwar im Film, stehen aber in einem völlig anderen Kontext und sind auch nicht mit ähnlichem Sound unterlegt. War wohl der Versuch, mehr Leute ins Kino zu bekommen – ein bescheuerte Idee, denn die Enttäuschung oder gar das Entsetzen des Publikums wäre vorprogrammiert gewesen.
2. In Deutschland kommt der Film mit einem Jahr Verspätung erst diesen Oktober (US-Start November 2010) in die Kinos. Warum das so ist kann ich auch nicht sagen, und der Heini vom Verleih Kinowelt wollte mir auf meine – zugegeben etwas überspitzte – Nachfrage auch keine Antwort geben. Die DVD und BluRay gibts inzwischen beide für 12 Pfund bei Amazon.co.uk zu bestellen.
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