Während hierzulande wohl jeder Charlie Chaplin kennt ist sein ewiger Rivale Buster Keaton nur wenigen ein Begriff. Dabei war Keaton in den 1920er Jahren ein großer Star, der bei seinen Filmen nicht nur vor der Kamera stand sondern meist auch Drehbuch und Regie übernahm. Wegen seines stoischen Gesichtsausdrucks wurde er auch „The Great Stone Face“ genannt. Soweit ich das nach zwei Filmen sagen kann hat Keaton gerne – ähnlich wie Chaplin – gutmütige, etwas tollpatschige Loser gespielt, die über sich hinauswachsen.
Sherlock Jr (1924)
Hier spielt Keaton einen armen Kerl, der in einem Kino als Filmvorführer und Mädchen für alles arbeitet. Er träumt davon, Detektiv zu werden – tatsächlich erfüllt sich dieser Wunsch auch nur im Traum. „Sherlock Jr“ hat eine Menge großartiger Jokes und abgefahrener Szenen zu bieten, auch ein paar eindrucksvolle Stunts. Wie Keaton sich selbst als vermeintlich cleveren Meisterdetektiv erträumt und in was für eine temporeiche Farce er dabei gerät ist aller Ehren wert. Und natürlich gewinnt er am Ende die Frau seines Herzens – auch wenn er nicht so genau weiss wie er damit umgehen soll…
The General (1926)
Buster Keatons bis dahin ambitioniertester und teuerster Film „The General“ gilt heute als einer der besten, die je gemacht worden sind. Sein Pech: damals fiel der Film bei der Kritik und auch beim Publikum durch. Keaton verlor seine kreative Freiheit und schloss sich gezwungenermaßen dem Studio MGM an.
Im Film spielt er den Eisenbahnführer Johnny Gray in den Südstaaten, gerade als der Bürgerkrieg in den USA ausbricht. Weil sein Beruf auch in Kriegszeiten unverzichtbar ist lässt man ihn nicht in die Armee eintreten. Das ist dumm für Johnny, denn seine Angebetete macht ihm klar: ohne Uniform braucht er ihr nicht mehr unter die Augen zu treten.
In der Folge gerät Johnny mitten in eine vom Norden geplante Operation, bei der ihm seine Lokomotive (namens „The General“) geklaut wird. Wagemutig nimmt er die Verfolgung bis tief ins Feindesland auf und schafft es nach vielen Gefechten und Schwierigkeiten auch, sie zurückzugewinnen. Quasi nebenbei – und in der Tat eher zufällig – rettet er die Frau seiner Träume (wobei er sogar eine Unifirm trägt, allerdings die falsche) und führt die Konföderierten Truppen zu einem Erfolg auf dem Schlachtfeld.
Unterlegt mit einem herrlich enthusiastischen Soundtrack (die Version von Carl Davis), der mir gar nicht mehr aus dem Kopf gehen will, ist „The General“ Abenteuerfilm, Komödie und Kriegsfilm in einem. Das Tempo ist – auch aus heutiger Sicht – sehr hoch, die spannende Story und die flotten Verfolgungsfahrten können sich sehen lassen, ebenso die Stunts. Von allen Stummfilmen die ich kenne ist „The General“ bisher mein Favorit, mal sehen ob da noch einer rankommt…