Kurzkritik: The Father

Drama, 2021

Regie: Florian Zeller; Darsteller: Anthony Hopkins, Olivia Colman, Imogen Poots

Filme über Demenz habe ich immer gemieden. Obwohl ich mit der Thematik persönlich nicht in Berührung gekommen bin – „Selbstschutz“ war es also nicht. Warum ich bei „The Father“ eine Ausnahme gemacht habe, weiss ich nicht genau. Viel wichtiger ist, dass es sich sehr gelohnt hat.

Anthony Hopkins (auf dem Weg zu seinem nächsten Oscar) spielt die Titelfigur, den 80-jährigen ehemaligen Ingenieur Anthony. Seine Tochter Anne kümmert sich in seiner geräumigen Wohnung in London um ihn, ist aber berufstätig und braucht dringend Unterstützung. Tagsüber soll sich eine Pflegerin um Anthony kümmern. Doch das alles gestaltet sich schwierig, denn der alte Mann ist nicht mehr in der Lage, seine Umgebung zu verstehen.

Der große Kniff von „The Father“ ist, dass er seine Geschichte aus Anthonys Perspektive erzählt. Orte und Personen, die er nicht oder nicht richtig zuordnen kann, vermischen sich ständig, auch die Zeit verläuft nicht streng linear. Das Publikum fühlt und rätselt mit, welche Anteile eigentlich der Realität entsprechen, welche Figuren wirklich die sind, für die Anthony sie hält, und ob Anne nun wirklich plant, nach Paris zu ziehen oder nicht.

Die überschwänglichen Lobeshymnen, die Hopkins‘ Performance in „The Father“ ausgelöst hat, sind aus meiner Sicht vollkommen gerechtfertigt. Sein Spiel ist überzeugend und berührend, steigert sich langsam, aber ohne ins „Overacting“ abzudriften. Stark ist auch der Rest der Besetzung, neben Olivia Colman als Tochter Anne sind Mark Gattis (bekannt als Mycroft Holmes aus „Sherlock“), Olivia Williams, Imogen Poots und Rufus Sewell dabei.

An einigen Stellen habe ich nicht so recht verstanden, warum die Angehörigen überrascht sind, dass Anthony sich Dinge nicht merken kann, schließlich ist seine Erkrankung kein Geheimnis. Aber der Film ist ja aus seiner Sicht erzählt, man kann es also dem „unreliable narrator“-Prinzip zuschreiben. Egal wie, „The Father“ ist ein eindringliches Drama und uneingeschränkt zu empfehlen.

8/10