Kurzkritik: 1899 (Staffel 1)

Mystery/Drama, 2022

Creators: Baran bo Odar, Jantje Friese; Darsteller: Emily Beecham, Andreas Pietschmann, Aneurin Barnard, Isabella Wei

Worum gehts?
Das Passagierschiff „Kerberos“ ist anno 1899 auf dem Weg von der alten in die neue Welt. An Bord befinden sich diverse Passagiere, die gute Gründe haben, Europa und ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Ärztin Maura sucht ihren verschwundenen Bruder, Kapitän Eyk verarbeitet eine persönliche Katastrophe, einige weitere Figuren sind aus unterschiedlichen (und oft geheimen) Gründen geradezu auf der Flucht. Doch irgendwas stimmt nicht mit dem Schiff, welches nach einigen Tagen zudem auf ein verschollenes, gänzlich verlassenes Schwesterschiff namens „Prometheus“ trifft…

Was soll das?
„1899“ beginnt als Historiendrama mit Mystery-Motiven, gibt sich aber schnell als Vertreter des „Mindfuck“-Genres zu erkennen. Zwischen den Schiffen, Welten und Figuren gibt es ominöse Verbindungen, außerdem einiges an obskurer Technik, die ganz offensichtlich nicht in die gezeigte Ära passt. Die Macher der erfolgreichen deutschen Neflix-Serie „Dark“ haben sichtlich Spaß daran, ein ausladenendes Szenario zu erbauen, in dem die Zuschauer nach Hinweisen auf die verborgenen Schichten der Realität und ihrer Bedeutung suchen müssen.

Taugt das was?
Ja, handwerklich und storytechnisch ist das gelungen. Stimmungsvoll wird Spannung aufgebaut, es werden Fährten gelegt, Rätsel aufgegeben und in überwiegend düsteren Bildern geschwelgt. Zuweilen übertreibt die Show etwas, einzelne Episoden verlaufen sich in redundanten Katz-und-Maus-Spielen oder brauchen einfach zu lange für sehr überschaubare Entwicklungen. Durch den Versuchscharakter des Szenarios (auf mehreren Ebenen) ergibt sich eine größere Distanz zu den Figuren, der emotionale ‚Impact‘ hält sich arg in Grenzen. Man braucht schon ein Faible für sich selbst dekonstruierende Geschichten, um seinen Spaß zu haben.

Wo kann ich das gucken?
Bei Netflix.

7/10